I Sing The Body Electric, Too

betr.: 64. Geburtstag von Michael Gore

Der Film „Fame“ von Alan Parker ist nicht eben ein Geheimtipp, denn er zog neben einer TV-Serie und einer Bühnenfassung inzwischen auch ein Kino-Remake nach sich. Die Zeit ist nicht völlig spurlos an ihm vorübergegangen, aber vieles von dem, was das Publikum hierzulande vor 35 Jahren in „Fame“ zum ersten Mal erschöpflich präsentiert bekam (die Jungtalente in der Dreispartenausbildung, die Publikumsbeteiligung beim Besuch der „Rocky Horror Picture Show“, die New Yorker Stand-Up-Comedy-Kultur …) ist mittlerweile in den medialen Alltag und ins kollektive Bewusstsein eingesickert. Das Bühnenmusical verzichtet törichterweise auf die Songs von Michael Gore (und damit auf das bewegende Symphonic-Rock-Finale des Films) und auch die zutiefst menschlichen Miniaturen und Kabinettstückchen gelangen nicht wieder.

Ich möchte hier und heute nur kurz den Anfang und das Ende der klassischen Version in Erinnerung rufen.

Zu Beginn erleben wir in Form einer Collage zahlreiche Bewerber der New Yorker „High School of Performing Arts“, darunter auch die späteren Helden der Geschichte. Geht es hier um die Sehnsucht nach der großen Bühne, das jugendliche Feuer, das nie wieder so heiß lodern wird wie heute, den Glamour des Broadway, der von den nahegelegenen Theatern herüberweht? Nein, ausnahms- und wohltuenderweise nur ganz am Rande. Im Mittelpunkt stehen stattdessen Nervosität, Improvisation, linkisches Herumtapsen, Unbekümmertheit und jene Unzulänglichkeit, die ebenso Bestandteil der Jugend ist wie das genannte Feuer und die großen Pläne. Besonderes Vergnügen bereitet ein dickes schwarzes Mädchen, das sein Schauspielvorsprechen absolvieren möchte, aber niemals schauspielert sondern nur herumquasselt: „Ich spiele ‚Flammendes Inferno‘! Den Film! Kennen Sie doch. Also, ich spiele den Sicherheitsbeamten. Ich stehe hier und warte auf den Fahrstuhl – und überall dieses Feuer! Aua! Ich stehe also hier und warte … aber der Fahrstuhl, er kommt nicht …“ – Wir erfahren nicht, ob dieses Mädchen aufgenommen wurde. (Ich fürchte nicht …) Jedenfalls ist diese Szene selbst würdiges Material für ein Vorsprechen.

Auch das schon erwähnte Finale ist ein unwiederholtes Glanzstück. Als der Film erstmals im Deutschen Fernsehen lief (im Kino hatte ich ihn leider verpaßt), besaß unser Haushalt noch keinen Videorecorder, und Film und Fernsehen waren eine wahrhaft flüchtige Kunst. Die Musiknummer der Abschlußveranstaltung heißt „I Sing The Body Electric“. (Nach Rod Serling und Marshall MacLuhan zitieren nun auch Michael Gore und sein Songtexter Dean Pitchford diese berühmte Zeile von Walt Whitman). Sowohl der Song selbst als auch seine Umsetzung weckten in mir die Sehnsucht, ihn sofort noch einmal zu hören – aber das war technisch nicht möglich. Ich lief zu meiner damaligen Plattensammlung (15 LPs und ein paar Singles) und stellte fest, dass ich sie nicht mehr leiden mochte. Und das blieb noch für eine ganze Weile so.

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