Klamotte, Kolportage, Thriller, Literaturverflimung – Ein Mann für alle Fälle

betr.: 84. Gebrurtstag von Michael Lonsdale

Der hierzulande gern übersehene Michel (bzw. Michael) Lonsdale hat so ziemlich alles gespielt, was in ein Charakterschauspielerleben hineinpasst, und er war stets überzeugend. Es sind häufig Nebenrollen gewesen, aber mitunter rückte er dicht an die Protagonisten heran, denen er zuarbeitete. Lonsdale kam in Paris als Sohn einer Französin und eines englischen Offiziers zur Welt und wuchs u.a. in London und Marokko auf. Als Protegé von Raymond Rouleau machte er zunächst in Paris eine Bühnenkarriere.
Schon 1962 trat er in „Der Prozess“ auf, der Kafka-Verfilmung von Orson Welles. Diese internationale Produktion mit Kollegen wie Anthony Perkins, Romy Schneider und Jeanne Moreau war ebenso prophetisch für Lonsdales Karriere wie seine Rolle: klein und abgründig.

In der meiner Meinung nach bestgebauten Filmkomödie mit Louis de Funès „Hibernatus“ (deutsche Titel: „Onkel Paul, die große Pflaume“, „Louis taut auf“, „Der Familienschreck“ u.v.a.m.) gibt er den rührigen, aber in der Sache unnachgiebigen Wissenschaftler Prof. Loribat, der den Großvater von de Funès‘ Ehefrau auftaut und wiederbelebt. Dieser blutjunge, quicklebendige Abenteurer darf allerdings nicht erfahren, dass er nun in den späten 60er Jahren lebt, darauf legt Loribat großen Wert – und er hat eine wachsende Zahl von Gegenspielern.
Im selben Jahr war er bei Francois Truffaut in „Geraubte Küsse“ zu sehen, für den er schon eines der armen Opfer in „Die Braut trug schwarz“ gespielt hatte.

Hin und wieder durfte er sich mit der Hauptfigur abendfüllend anlegen, so als er 1979 den Bond-Bösewicht gab. In „Moonraker – Streng geheim“ wurde das Konzept des vorherigen Falles „Der Spion, der mich liebte“ vom Meeresgrund in den Weltraum verlegt: Lonsdale ist Hugo Drax, ein Multimilliardär, der von einer menschlichen Kolonie im All träumt. Ihre Pioniere hat er selbst ausgesucht: Jungen und Mädchen mit besonders guten Erbanlagen. Das wäre halb so schlimm, wäre er nicht der Meinung, man müsse der Besiedlung der neuen Welt nachhelfen, indem man die Bewohnbarkeit der alten etwas herabsetzt …
Auf der Seite der Guten stand er zehn Jahre zuvor in „Der Schakal“. Edward Fox spielt einen Killer, der es auf Charles deGaulle abgesehen hat – ein charismatisches, schweigsames, eiskaltes, lang und präzise planendes Mastermind, das in Lonsdale einen ebenso zähen, wenn auch optisch deutlich unscheinbareren Gegenspieler findet.

Zu zwei herausragenden Produktionen der 80er Jahre hat Michael Lonsdale kleine, feine Parts beigesteuert. Er war der törichte, wehleidige französische Gesandte in den historischen Rückblenden in „Was vom Tage übrig blieb“ und der durchtriebene Abt in „Der Name der Rose“, von dem sich Sean Connery nicht aufs Glatteis führen lässt. – Und das sind nur die Auftritte, die mir spontan einfallen, ohne dass ich nachschlagen muß. Und jetzt geh‘ ich noch ein bißchen nachschlagen, zur Feier des Tages …

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