Noch ein Größter aller Bösewichte

betr.: 52. Todestag von Peter Lorre

Ironischerweise war einer der besten Täter des Kinos auch sein Opfer. Peter Lorre war einer der großen Schurken der Leinwand, und er gehört in die effektivste und meistgefürchtete Kategorie: er ist ein deutscher Filmbösewicht (- respektive ein österreichisch-ungarischer, aber eben ein Gesicht des deutschen Films mit einem herrlichen deutschen Akzent).  Diese Tradition reicht bis in die Stummfilmzeit zurück und wurde mit Gert Fröbe – der als sächselnder „Goldfinger“ die 007-Reihe zum weltweiten Durchbruch führte – in der Popkultur unserer Tage verankert. Das war in Lorres Todesjahr. Eine traurige Ironie von vielen in dieser Karriere.

Lorre Raskolnikow2
Nicht mehr vorzeigbar: Lorre 1935 als Raskolnikow – eine Rekonstruktion von 1984.

In der WDR-Dokumentation „Das doppelte Gesicht“ wird Peter Lorre posthum sogar zum Maskottchen der allgemeinen Sklerose unserer Popkultur. Harun Farocki und Felix Hofmann hätten gern einen Filmausschnitt aus der Literaturverfilmung  „Schuld und Sühne“ gezeigt, einem der wenigen Filme, die dem Charakterdarsteller Lorre einen angemessenen Rahmen gaben. Es wäre eine Szene gewesen, in der der Mörder Raskolnikow sich als weltmännische Erscheinung zurechtmacht. Aber: „Schlampigkeit und Indifferenz beim privatwirtschaftlichen Rechteinhaber des Films hindern uns daran, einen Ausschnitt zu zeigen. Die alten Filme sind heute Handelsware, die in der Größenordnung von Schiffsladungen verschoben wird, wie Fisch vom Polarkreis, aus dem Hühnerfutter gemacht werden soll. Einen bestimmten Fisch können die Verkäufer nicht raussuchen. Man muß nehmen, was oben aufliegt. – Um wenigstens einen schwachen Eindruck von der Szene zu geben, haben wir sie zeichnen lassen – wie Reporter, die im Gerichtssaal nicht fotografieren dürfen.“ (siehe oben)

Gleich Peter Lorres erster Tonfilmauftritt war ein Welterfolg gewesen, und er blieb ewig an ihm kleben: der Kindermörder in Fritz Langs „M“. Friedemann Beyer fand 1988 in seiner Lorre-Biographie drastische Schlußworte, die in ihrer Herzlosigkeit die Sache auf den Punkt bringen: „War nicht eigentlich >M< schon ein Schlußpunkt? (…) in Hollywood (…) führte er nur noch eine Scheinexistenz: als Selbstzitat. Und die Jahre der Apathie, der Erstarrung? Die Übergänge waren fließend. Am 23. März 1964 war endlich auch der Körper soweit.“

Dieser Beitrag wurde unter Fernsehen, Film, Hommage, Medienkunde, Medienphilosophie abgelegt und mit , , , , , , , , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert