Viel zu selten der Bösewicht

betr.: 30. Todestag von Ray Milland

Die Filmgeschichte hat Ray Milland insgesamt fair behandelt. Zwar wurde er viel zu selten mit Rollen bedacht, die seine besonderen Talente  in vollem Umfang einforderten, aber es gab sie zuweilen, und er spielte auch die übrigen sehr anständig. Außerdem bekam  er einen Oscar – für die Darstellung eines Alkoholikers in „Das verlorene Wochenende“ – spielte in einem unverwüstlichen Hitchcock-Klassiker die männliche Hauptrolle – „Bei Anruf Mord“ – und sogar eine Alterskarriere war ihm vergönnt – wenn auch zumeist im Trash und beim Fernsehen.

Der gebürtige Waliser Reginald Alfred Truscott-Jones war kein gelernter Schauspieler. Er kam in Ausübung eines Befehls zur Schauspielerei, als das britische Kriegsministerium ihn als 19jährigen Soldaten der Königlichen Kavallerie zum Drehort von „Die Nacht nach dem Verrat“ schickte. Er hatte für einen deutschen Stuntman einzuspringen, der von einem Bus angefahren worden war. Ein Jahr später geschah das Klischeehafte: ein Star erkrankte, und unter seinem neuem Namen konnte Milland eine Hauptrolle spielen. 1933 gab er sein Debüt in Hollywood und bekannte später, „dort ein Star gewesen zu sein, bevor ich überhaupt begriffen hatte, was Schauspielerei eigentlich ist.“ Seine Autobiographie hieß dementsprechend „Glotzäugig in Babylon“.

Bis zu besagter Oscarverleihung hatte niemand Ray Milland in Verdacht, ein Charakterschauspieler zu sein – gutaussehende 1,88große Männer gab es in Hollywood in rauen Mengen. Und als amüsanter Liebhaber / Cowboy / Flieger / Ehemann war Cary Grant einfach witziger und eleganter. Erst das zunehmende Alter – Jahre nach dem preisgekrönten Trinkerdrama – schaltete Ray Millands besondere Qualitäten frei, gab ihm jene kultivierte Morastigkeit, die ihm sogar in harmlosen Rollen eine besondere Aura verlieh. (Auch Cary Grant gewann mit zunehmendem Alter, blieb aber schön und in seiner Wirkung unverändert.) In den 60er Jahren drohte Ray Milland (trotz fabelhafter Auftritte wie in „Lebendig begraben“ und „Der Mann mit den Röntgenaugen“)  in Vergessenheit zu geraten, als ihn die Vaterrolle in „Love Story“ wieder ins Geschäft brachte. Fortan drehte er unermüdlich, und auch die mieseren, kleineren Filme wählte er mit feinem Gespür für Unterhaltsamkeit, etwa „Kampfstern Galactica“ oder „Die Frösche“ (ein Beitrag zum Viecher-Horror im Kielwasser von Hitchcocks „Vögeln“).

Greenhouse Jungle_LDFEs ist unmöglich, diesen Verbrecher nicht zu lieben. Ray Milland 1972 im Fernsehen und verewigt auf Laserdisc. (CIC Video 1997 / Cinema International B. V.)

Sein Privatleben behielt Ray Milland für sich. Die Öffentlichkeit erfuhr von ihm weder etwas über den Selbstmord seines einzigen Sohnes Daniel noch über seine Krebsdiagnose. Nach fünf Tagen im Memorial Hospital in Torrence / Kalifornien schlief er friedlich ein. Seine Asche wurde über dem Pazifik verstreut.

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