Glubschauge, sei wachsam!

betr.: Basil Wolverton zum 36. Todestag

An ungewöhnlicher Stelle – als Lückenbüßer in einem deutschen „Hulk“-Heft der 70er Jahre – fand ich einst eine sechsseitige Geschichte von Basil Wolverton.* Ungewöhnlich deshalb, weil er keiner der vertrauten Marvel-Stammleute war. Im Begleittext hieß es nur knapp: „einer der talentiertesten und meistkopierten Zeichner aller Zeiten“. Das erste Lob ist schnell gesagt, aber das zweite merkte ich mir, und es stellte sich im Laufe der Jahre als richtig heraus. Dieser völlig vergessene Autor und Zeichner hat nicht nur die Underground-Comics der 60er Jahre (bis hinauf zu Robert Crumb) maßgeblich beeinflußt, er gehört auch zu den Köpfen hinter der Zeitschrift „MAD“.
Wenn man eine Schublade für ihn freiräumen möchte, bietet sich die des Schwarzen Humoristen an. Ähnlich wie der legendäre Familiengründer Chas Addams, hatte auch Wolverton keinen Bock auf Idylle. Darauf verweist auch sein Slogan: „Producer of Preposterous Pictures of Peculiar People who Prowl this Perplexing Planet“.

Der 1909 in Oregon / USA geborene Basil Wolverton etablierte sich zunächst als Zeitungszeichner, ohne eine künstlerische Ausbildung genossen zu haben. Bei „Timely Comics“ – jenem Verlag, der 1962 von Stan Lee übernommen und zu „Marvel“ umgewandelt wurde – gab er Anfang der 40er Jahre ein kurzes Gastspiel als Autor und Tuscher. Das führte dazu, dass er zumindest als Farbklecks in der Marvel-Flutwelle der letzten Jahre mitschwimmt: im Reprint der klassischen Abenteuer von „Captain America“.
Schon in den 50er Jahren zog sich Wolverton aber aus der Comic-Branche zurück, um frei als Karikaturist und Illustrator zu arbeiten. Seine wenigen in Deutschland erschienenen Arbeiten sind heute praktisch nicht mehr auffindbar – z.B. die Serie „Cherry Bim“, die in den 50er Jahren in den Comic-Magazinen des längst zerbröselten Alfons-Semrau-Verlags auftauchte. Das Leselexikon „1001 Comics, die Sie lesen sollten, bevor das Leben vorbei ist“** führt immerhin die Abenteuer des schlicht gestrickten Boxers „Powerhouse Pepper“ auf, eines „Timely“-Comics von 1942, der zuletzt vor 20 Jahren als US-Reprint herauskam.
Sie ahnen es schon: der Held des heutigen Artikels lebt wie jeder geliebte Verstorbene nur noch in seinen Nachkommen weiter: so in
„Spongebob Schwammkopf“, einer Figur, die direkt auf seinen spaghetti-and-meatball-Stil zurückgeht. Oder im für mich faszinierendsten US-amerikanischen Comic-Künstler unserer Tage, Charles Burns. Doch selbst der ist schon zu seinen Lebzeiten eine Rarität: die hilfreichste Kurzinfo zu Burns lautet wohl, dass er weitaus weniger populär ist als seine artverwandten zeitgenössischen Kollegen Chris Ware und Daniel Clowes!
Wolverton könnte das amüsiert haben.

Guten Rutsch und Prost Neujahr, meine Lieben!

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* Die Story „Where Monsters Dwell“ ist im Original nachzulesen unter https://diversionsofthegroovykind.blogspot.de/2014/10/groovy-age-gold-where-monsters-dwell-by.html
** Edition Olms Zürich, 2011

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Eine Antwort zu Glubschauge, sei wachsam!

  1. Pingback: Die schönsten Comics, die ich kenne (8): „Heck Meck an Deck“ - Monty Arnold blogt.Monty Arnold blogt.

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