In Afrika ist Muttertag

betr.: 83. Geburtstag des Tarzan-Schreis

Tarzan ließ das als Thema weit überschätzte Zusammenspiel von Mann und Frau auf eine SMSbare Anmache zusammenschnurren („Ich Tarzan, du Jane“), war stets sexy aber jugendfrei, ein vorbildlicher Naturbursche, der bildschöne weiße Frauen vor den eindeutigen Nachstellungen finsterer Gorillas rettete und ist eines der fulminanten Medienphänomene des 20. Jahrhunderts.

Sein Schöpfer hat Afrika nie betreten – das hat er mit der „edlen Wilden“ Josephine Baker gemein. Edgar Rice Burroughs war schon in mehreren Berufen gescheitert, als er 1912 auf der Rückseite seiner Geschäftskorrespondenz (die einer siechen Herstellerfirma für Bleistiftanspitzer), seinen Helden ausarbeitete. Als der Autor 1950 starb, hatte er nur einen Bruchteil von dessen Erfolgsgeschichte miterlebt: Millionen verkaufter Romane und Erzählbände in 30 Sprachen, Hörspiele, Merchandising, schon ab 1918 Verfilmungen, Comics und eine eigene Stadt namens Tarzana, heute ein Vorort von Los Angeles. Versäumt hat er u.a. einige TV-Serien, Comic-Plagiate („Akim“, „Tibor“, „Ka-Zar“…) und –Mutationen (wie „Spider-Man“) und noch mehr Filme, darunter solche, die Tarzans edle Abstammung in der Vordergrund stellten (als Sohn von Lord und Lady Greystoke), einen Disney-Trickfilm und Casper Van Dien, den offiziell „schlechtesten Tarzan der Welt“.
Im Februar 1977 landete der Hamburger Musiker Willem einen Riesenhit mit „Tarzan ist wieder da“. Das auf den Trickfilm folgende Bühnenmusical „Tarzan“ verzichtete nicht nur auf diesen Schlager, es musste auch ohne den berühmten Schrei auskommen, der heute vor 83 Jahren zum ersten Mal öffentlich ausgestoßen wurde. Die MGM hatte ihn aus rückwärts abgespieltem Hyänenlachen, dem hohen C einer Sopranistin, dem Kratzen der G-Saite einer Geige und einem Jodler des ehemaligen Leistungsschwimmers Johnny Weissmueller zusammengemischt und die Rechte daran bis heute nicht
an Disney abgetreten.

Nachtrag: Am 9. Juli 2023 schrien die F.A.S. auf ihrer TV-Seite: „Mutig kann man es finden, dass jemand 2016 noch einen Tarzan-Film machen wollte. Etwas klüger allerdings hätte man das schon anstellen dürfen, anstatt am Ende den weißen Mann Afrika retten zu lassen. Alexander Skarsgård ist auch nicht der Tarzan für unsere Zeit, und es hilft nicht, dass Margot Robie Jane spielt und Christoph Waltz den Bad Guy. 

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Eine Antwort zu In Afrika ist Muttertag

  1. Beate Brandt sagt:

    Ich habe gelesen, dass auch ein brüllendes Kamel am Tarzanschrei „beteiligt“ gewesen sein soll.
    Wie auch immer: Das Ergebnis ist sehr beeindruckend, – und jede(r) von uns hat bestimmt schon einmal oder mehrfach versucht, den Schrei zu kopieren. Aber ohne Viecher und Jodler klappt es einfach nicht!

    Grüße!

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