Ein Mann wie ein Selbstversuch

betr.: 53. Geburtstag von Tom Cruise

Dass Tom Cruise einmal in dieses Alter kommen würde, war vorherzusehen, aber eine Zeitlang war es schon ein wenig spannend, wie sich das gestalten würde, spannender als seine Filme allemal. Man fragte sich, welches seiner beiden im Widerstreit liegenden Hauptanliegen ihm letztlich wichtiger sein würde: der ewig grinsende sexy Bubi zu bleiben, oder eines Tages als Schauspieler ernst genommen zu werden.
Einstweilen ritt er auf der Bubi-Welle und wartete mal ab.
Er spielte in einem famosen Gerichtsfilm und unter der Regie von Kubrick, Robert Redford und Paul Thomas Anderson. Es sah immer gleich aus.

Die letzte Gelegenheit, sich ins Charakterfach hinüberzumogeln, wäre „Operation Walküre“ gewesen. Um dieses Projekt hat Cruise kämpfen lassen wie ein Löwe. Und die Rolle des Hitler-Attentäters Claus Schenk Graf von Stauffenberg bringt ja wirklich alles mit, was sich ein ambitionierter Popcorn-Filmstar nur wünschen kann: einen überlebensgroßen Widersacher, eine ehrenhaft scheiternde Heldenmission, fabelhaftes Aussehen, eine gut sitzende Uniform und das alles umweht von jenem kitzelnden Nazi-Grusel, der sich immer gut verkauft. Die Produktion drohte lange am Widerstand der Stauffenberg-Nachkommen zu scheitern, die u.a. ein Problem mit Cruises Verstrickung in die Scientology-Sekte hatten.
Dass der fertige Film keinerlei Begeisterung auslöste, die diese Mühen schließlich rechtfertigten, ließ Tom Cruise leise kapitulieren.

Bis heute turnt er in etwas anachronistischen Action-Abenteuern herum, in fünften, sechsten und siebten Teilen seiner Filmerfolge der 90er Jahre. In sportlichstmöglicher Verfassung und sichtbar nachretuschiert fällt er von Gebäuden und surft auf fahrenden Zügen, die ihm letztlich davonfahren werden.
Auch gelegentliche Versuche, Selbstironie vorzutäuschen – wie etwa sein Auftritt als zuchtloser Rockstar in „Rock Of Ages“ – scheitern an einer Eitelkeit, die immer wichtiger ist als die Rolle.
Die Figur, die er dabei abgibt, ist eher Oscar Matzerath als Peter Pan.

Wie viel eleganter hat es doch der Kollege Burt Lancaster gemacht. Er spielte in diesem Lebensabschnitt längst seine ersten prachtvollen Altersrollen – zunächst in Europa. Vermutlich hat er sich gedacht: mit 50 ist man wenigstens ein richtig schöner alter Löwe. Dann bekommt keiner einen Schreck, wenn man eines Tages ein schöner richtig alter Löwe ist.

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