Broadway’s Like That (8): Die 20er Jahre

betr.: 117. Geburtstag von Fred Astaire

3. George Gershwin und das Jazz-Age (1) (Fortsetzung vom 5. Mai)

Der hier so hartnäckig zum Charleston-Tanzen überredet werden soll, ist Fred Astaire, sein Quälgeist seine Schwester Adele. Am Klavier begleitet der Komponist des Songs, George Gershwin. „I’d Rather Charleston” – die Aufnahme ist von 1926 – hatte Gershwin für die Londoner Version seines Musicals „Lady, Be Good“ geschrieben.

Charleston, gleichsam die Titelmusik der tanzfreudigen 20er Jahre, wurde – wie so viele andere Modetänze – von Schwarzen erfunden. In seinem auch auf deutsch erschienenen Roman „Parties“, in dem Carl Van Vechten 1930 die turbulente, exzentrische Atmosphäre des gerade vergangenen Jahrzehnts einfängt, zeichnet er den Werdegang solcher Modetänze nach.

Etwa alle zehn Jahre kreiert oder entdeckt oder stolpert ein Schwarzer über einen neuen Tanzschritt, der so total das Gefallen seiner Rasse findet, dass er sich wie Wasser auf Löschpapier ausbreitet. Dieser Prozeß mag eine zeitliche Periode von zwei oder mehr Jahren beanspruchen. Der Regisseur einer Broadway-Revue, an der gerade geprobt wird, ein Tänzer oder vielleicht sogar ein Schwarzer, der für die großen Musikshows Tanznummern einstudiert, stellt ihn, nachdem er zu dem Schluß gekommen ist, dass der Tanz einem weißen Publikum zugemutet werden kann, etwa genau zu diesem Zeitpunkt vor – oft mit der Ankündigung, dass er ihn erfunden habe. Fast alle Tanzarten, die man heute in unseren Musikshows sehen kann, sind schwarzen Ursprungs.  Aber sowohl der Kritik ist diese Tatsache so unbekannt, dass die Produktion einer neuen schwarzen Show eine Entschuldigung für die Wiederbelebung der abgedroschenen alten Klage bietet, dass es doch schade sei, dass der Neger nichts selbst schaffen könne, dass er gezwungen sei, die Shows der Weißen nachzuäffen.

Dies in aller Kürze die Geschichte des Cake Walk, des Bunny Hug, des Turkey Trot, des Charleston und des Black Bottom.
Den Charleston hatte 1923 das schwarze Musical „Runnin’ Wild“ populär gemacht, dessen Musik von dem legendären schwarzen Pianisten James  P. Johnson stammte. Schwarze Musicals – d.h. Autoren und Ausführende waren Schwarze – hatten Konjunktur in den 20er Jahren, wenn auch die großen Erfolge dünn gesät waren. Bahnbrechend hatte 1921 „Shuffle Along“ gewirkt, mit Musik von Eubie Blake und Songtexten von Noble Sissle. Beide traten in der Show auch auf. „Shuffle Along“ bestach durch eine Jazz-gefärbte Musik, der sich das Broadway-Theater bisher noch kaum geöffnet hatte, und vor allem durch ein vitales und frenetisches Tanzen. Eines der Chorus-Girls war übrigens Josephine Baker.

Noble Sissle, der Textdichter, stellt den „Baltimore Buzz“ aus „Shuffle Along“ vor.

Forts. folgt

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