Der bekannte Wohlbekannte

betr.: 84. Geburtstag von Donald Rumsfeld

Der „zynische Kriegstreiber“ (taz) Donald Rumsfeld hätte – im Sinne einer traurigen Berühmtheit – ein noch größerer Mann werden können, als er es ohnehin geworden ist, wäre sein Boss nicht ein noch größerer gewesen: US-Präsident George W. Bush, dem Rumsfeld als Verteidigungsminister und Architekt des Irakkriegs diente. Wenn Spitzbuben sich öffentlich erklären, gibt es drei Typen: den Kämpferisch-Unverdrossenen (die Liste ist endlos), den uneinsichtigen moralisch Entrüsteten (wie den dieser Tage durch den im Chilcot-Report zum Irak-Krieg geschmähten Tony Blair), den geistig längst nicht mehr erreichbaren (Erich Honecker oder ein gewisser Attentäter aus Norwegen zählen zu dieser ebenfalls zahlreich vertretenen Sorte). Donald Rumsfeld bildet allein eine eigene Gruppe. Rumsfeld 2
Als guter Patriot wie als Ehemann gleichsam stabil und nachhaltig – und immer bestens mit sich im Reinen: Donald Rumsfeld, hier auf selten gezeigten früheren Portraits

Die überbordende, robuste und absolut authentisch wirkende gute Laune, mit der er sich vor drei Jahren dem Dokumentarfilmer Errol Morris stellte, müßte man als unwiderstehlich bezeichnen, hätte man sie nicht mit fassungslos aufgerissenen Augen jahrelang in der Tagesschau bestaunt – und wäre da nicht die Tonspur des besagten Films „The Unknown Known“. (Bereits 2011 waren Rumsfelds Erinnerungen unter dem Titel „Known and Unknown: A Memoir“ in Buchform erschienen.)
Dieser Film ist eine Schatztruhe druckreifer Politiker-Logik. Die titelgebende Passage ist die folgende.
Angesprochen auf das Memo „What You Know“ vom 4. Februar 2004 erklärt Rumsfeld:

„Es gibt bekannte Bekannte (known knowns), es gibt bekannte Unbekannte (known unknowns), es gibt unbekannte Unbekannte (unknown unknowns). Aber es gibt auch unbekannte Bekannte. Das sind Dinge, die wir zu wissen glauben, von denen sich aber später herausstellt, dass wir es nicht tun. Wenn Sie diese Wörter nehmen und sie in jeder möglichen Form verbinden, gibt es mindestens eine Kombination, die es vorher nicht gab: das unbekannte Bekannte – Dinge, die Sie vielleicht wissen, von denen Sie aber nicht wissen, dass Sie sie wissen.“
„Aber das steht nicht im Memo. Dort steht, dass wir weniger wissen, als wir denken, nicht mehr.“
„Wirklich? Habe ich es umgedreht? Zeigen Sie es mir nochmal! – Aber es gibt auch unbekannte Bekannte. Das sind Dinge, die wir zu wissen glauben, von denen sich aber später herausstellt, dass wir es nicht tun. Ich glaube, das Memo ist umgekehrt. Es ist wohl näher an dem, was ich hier gesagt habe. Unbekannte Bekannte.
Ich glaube, Sie sind hier auf der falschen Spur, Errol.“

Am Ende des Films wird Rumsfeld von Morris gefragt, warum er ihm und uns das eigentlich alles erzähle. „Das ist eine gemeine Frage“, sagt er kurz innehaltend. „Ich habe keinen blassen Schimmer!“ – und seine Launebären-Fröhlichkeit ist geradezu ansteckend.

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