Broadway’s Like That (21): Die Schultern des Riesen Bing Crosby

5. Mr. American Music – Irving Berlin (4) (Fortsetzung vom 9. August)

Obwohl Berlin sich in den 30er Jahren auch an politischer Satire versucht hat, war er – vor allem in seiner späteren Zeit – ein großer Patriot. In beiden Weltkriegen schrieb er jeweils eine Revue für die amerikanischen Truppen. Sowohl in „Yip Yip Yaphang“ von 1918 als auch in „This Is The Army“ von 1942 nahm Berlin den humoristischen Song „Oh, How I Hate To Get Up In The Morning“ auf, den er auch selber vortrug.

This Is The Army

Im Jahre 1942 erhielt Irving Berlin den Oscar für den besten Song des Jahres: „White Christmas“ aus dem Musikfilm „Holiday Inn“ / „Weiße Weihnachten“ – er durfte ihn sich sogar selbst überreichen. Angeblich sagte er in seiner Laudatio: „Es ist mir eine Freude, den Preis überreichen zu dürfen. Ich kenne den Burschen schon lange. Er ist in Ordnung, und ich denke, er hat’s verdient!“
In der Einspielung von Bing Crosby sollte dieser Titel zum erfolgreichsten Pop-Song aller Zeiten werden.

Bing Crosby war überhaupt ein Lieblingsinterpret des Komponisten. Der 1903 als Harry Lillis Crosby im Staate Washington geborene Entertainer bezog seinen Spitz- und Künstlernamen aus seinem Lieblings-Comic-Strip in der Lokalzeitung „The Bingville Bugle“. Zu den Förderern seiner ersten Band – dem Trio „The Rhythm Boys“ – zählte Paul Whiteman, der Musikchef der legendären „George White’s Scandals“. Obwohl nie ein Jazz-Singer, hat Crosby in den folgenden Jahren noch mit vielen weiteren großen Jazz-Bandleadern zusammengearbeitet.
Das Aufkommen der Gesangsmikrofone erlaubte ihm, der alsbald eine Solokarriere startete, einen speziellen Stil herauszubilden, ein weiches Vibrato, das dann als Crooning zu einem speziellen Gesangsstil werden sollte: der „In-eine-Regentonne-zu-singen-Effekt“.* In dieser Kunst blieb Bing Crosby auf Lebenszeit der unangefochtene Meister. Eine Mandeloperation wird für den samtweichen Baritonklang seiner Stimme verantwortlich gemacht.
In den 40er Jahren avancierte er zum größten Gesangsstar der Welt, seine Schallplattenverkäufe brachen alle Rekorde. Praktisch von Beginn der Tonfilmära an, war er auch im Kino zu erleben, auch in dramatischen Rollen, in denen er nicht zu singen hatte. Für seine Priesterrolle in „Going My Way“ erhielt er einen Oscar. Er gestaltete Radioshows und später auch TV-Sendungen.
Obwohl ihn Frank Sinatra als größten Sänger der populären Musik inzwischen abgelöst hat, bleibt Bing Crosby der Urvater aller singenden Entertainer. Jeder, der nach ihm kam hat auf die eine oder andere Art von ihm gelernt, von ihm profitiert. (So war er das unüberhörbare Vorbild von Dean Martin – wie Crosby ein Sänger, der im Studio stets nur einen brauchte und dessen Gesangsstil wiederum Elvis Presley beeinflußt hat, den King Of Rock’n’Roll.)

Bing Crosby war ein begeisterter Golfspieler – deshalb lehnte er es sogar ab, der erste „Cloumbo“ der TV-Geschichte zu werden, denn er hätte sein Spiel zu lange unterbrechen müssen – und es war beim Golfspielen in Spanien, als ihn im Herbst 1977 der Schlag traf.
Gary Crosby hat seinen berühmten Vater einige Jahre später in seiner Biographie heftig angegriffen. Der Mann, der in den USA mehrfach zur „Vaterfigur des Jahres“ gewählt worden war, sei in Wahrheit ein Familientyrann gewesen. Bing Crosby selbst bezeichnete sich als einen „Durchschnittsburschen, der der mit einer Melodie umgehen konnte“. Nicht zuletzt Irving Berlin hat stets dafür gesorgt, dass er der Musikwelt unentbehrlich blieb.

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* In dieser Disziplin ist der 91jährige Tony Bennett der letzte aktive überlebende Künstler der Ära.

Forts. folgt

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