Die Heinzelmänner

betr.: 15. Todestag von Jay Livingston

Jay Livingston (den man nicht mit Jerry Livingston verwechseln darf, einem anderen Hollywood-Songschreiber der gleichen Generation*) bildete mit Ray Evans ein Duo, das vom Publikum und von den Filmproduzenten geliebt wurde. In Musikerkreisen mag es manchen gegeben haben, der ihnen die Pest an den Hals wünschte. In den 50er Jahren kam der Filmsong in Mode: jede sinfonische Partitur wurde nun möglichst mit einem hitverdächtigen Song angereichert. Hatte dieser in den Charts Erfolg, bedeutete das nicht nur Piepen für das Filmstudio sondern auch zusätzliche Werbung und die Aussicht auf einen Song-Oscar (also noch mehr Piepen, noch mehr Werbung).
Ehrwürdige Sinfoniker, die mehr als 20 Jahre lang allein für die Leinwand komponiert hatten, mussten sich nun die Bevormundung eines fremden Titelthemas gefallen lassen – wenn sie nicht in der Lage waren, dieses selbst hitparadengerecht zu schreiben.

bonanza
Unglaublich, dass dieser Riesenkracher es nur auf die B-Seite geschafft hat: „Bonanza“.

Livingston & Evans gehörten zu den erfolgreichsten Teams in der Schar dieser Heinzelmännchen und wurden hierzulande wohl niemals häufiger gespielt als in der Zeit, da die Serie „Bonanza“ bei uns lief. (Seit kurzem läuft sie wieder, wenn auch auf einem entlegenen Platz im Programmschema.) Sie lieferten Doris Day (und Alfred Hitchcock) ihren größten Signature-Song „Que Sera Sera“, Nat „King“ Cole mit „Mona Lisa“ den entscheidenden Grund, das Klavierspiel aufzugeben und Sänger zu werden, und versorgten auch „Mr. Ed“, das sprechende Pferd.
Livingston & Evans schrieben gemeinsam Text und Musik. Konnte der von ihnen betreute Soundtrack-Komponist selber Hits liefern – wie Henry Mancini, dem der Filmsong-Boom zum Erfolg verhalf – dann kümmerten sich die Herren auch brav nur um den Text.

Livingston & Evans, die sich schon seit der Universität kannten, schrieben Songs für über 100 Filme und sogar zwei Broadway-Musicals. Hin und wieder wurde ihr Beitrag größer als das eigentliche Werk. Die Schnulze „Tammy“ (mit der Schlagzeile „Hörst du den Südwind?“) war hierzulande erst ein Riesenschlager und dann ein häufig gespielter Oldie. Die Serie dazu, eine Sitcom, die Ende der 60er im ZDF unter dem Titel „Tammy, das Mädchen vom Hausboot“ gelaufen war, war da längst vergessen. Warren Craig nannte sie in seinem Buch „The Greatest Songwriters in Hollywood“ am Ende einer Reihe, die vor allem aus Meistern vom Broadway bestand, „die letzten der großen Songschreiber von Hollywood“.

_____________
* Siehe dazu https://blog.montyarnold.com/2021/07/01/jerry-livingston/.

Dieser Beitrag wurde unter Fernsehen, Film, Filmmusik / Soundtrack, Musicalgeschichte, Musik, Popkultur abgelegt und mit , , , , , , , , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert