Der Song des Tages: „O mein Papa“

betr.: 105. Geburtstag von Paul Burkhard

Das Operettenzeitalter war längst vorüber, als der Schweizer Paul Burkhard einen Welthit in einer Operette verpackte, die bis heute immer wieder gespielt wird: „O mein Papa“ in „Das Feuerwerk“ von 1950. (Okay – das ursprüngliche Werk „Der schwarze Hecht“ von 1939 hatte noch ein Musical sein wollen …)
Dieses Lied über eine wenn schon nicht in den Himmel, so doch knapp darunter (nämlich unter die Zirkuskuppel) gehobene Vaterfigur, vorgetragen von einer vorbehaltlos liebenden Tochter mit Akzentschwäche, atmet den ganzen Duft des Künstlerlebens und ist ein Liebeslied von etwas anderer Art. Unbedingt muss es da heißen: „O mein Papa war eine wunderbare Clown / o mein Papa war eine große Kienstler“ und nicht etwa „… das war großer Künstler“, wie in ZDF-Revuen mitunter zu hören war. Wer solche Verschlimmbesserungen vornimmt, hat nicht nur den Witz nicht verstanden, er interessieret sich ohnehin für Musik (- jedenfalls nicht für diese Art von Musik).
Lys Assia trug diesen Titel zum Sieg (und umgekehrt) beim ersten „Grand Prix Eurovision de la Chanson“, auch wenn das Internet zuweilen den Eindruck vermittelt, als hätten solche Veranstaltungen schon damals englische Namen tragen müssen.

In der Wirtschaftswunder-Zeit waren Songs mit starkem Akzent groß in Mode – besonders der amerikanische Zungenschlag -, aber „O mein Papa“ ist etwas völlig anderes. Es weist der Mundart seiner Heldin den Rang einer richtigen Sprache zu.
Vergleichbar ist das mit dem ersten Song der Heldin in „My Fair Lady“. Das Album mit der ersten Übersetzung von 1961 war das meistverkaufte in der Geschichte der Bundesrepublik.
Besagte Heldin, ein Blumenmädchen, spricht und singt zunächst im Dialekt der Londoner Unterschicht. Günter Neumann entschied sich, diesen in der deutschen Fassung durch das Berlinerische zu ersetzen. (Erwartungsgemäß fanden das manche Kritikaster gar nicht komisch, aber was hätte er stattdessen nehmen sollen? Wieder Hochdeutsch? Hamburgisch? Klingonisch?)
Es ist also richtig, wenn gesungen wird „Wäre det nich‘ wundascheen?“ und falsch, wenn da steht:

wundascheen
Es war sicher gut gemeint: Liedanfang aus einem Songbook vom „VEB Lied der Zeit“.

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