Swiping – Darf man das? (2)

Der Wechsel der Blickrichtung

Am Beispiel des „Titanic“-Künstlers Bernd Pfarr (1958-2004) lässt sich über die Jahre der Übergang von der Hommage über die Parodie bis hin zur Emanzipation von all diesen Vorbildern beobachten.
Pfarrs frühe veröffentlichte Arbeiten wirken in Wort und Bild wie Stilkopien von F. K. Waechter*, eines Großmeisters der Neuen Frankfurter Schule. In „Erwachsenencomics aus deutschen Landen“, Band 2 findet sich der zweiseitige Comic „Hundi’s Hundehütte“, in dem die Illusion beinahe perfekt ist.
Mit der Zeit festigt sich der lockig-feine Strich.
Pfarrs muffiger Erpel „Dulle“**, „Helmut und Pit“ oder der Rabe „Alex“ leben in einer Welt, deren Bewohner entweder Schnäbel oder Hundenasen haben. Hier wird das Werk von Rolf Kauka*** fortgesponnen, der seinerseits große Anleihen beim Disney-Kosmos genommen hat. Pfarr bringt das Kunststück fertig, eine humoristische Vorlage ihrerseits zu persiflieren und in eine neue dadaistische Höhe zu treiben.
In seiner letzten Serie „Sondermann“ minimalisiert sich sein Stil bis an den Rand des Piktogramms, und er vernachlässigt den kurzen Comic zugunsten des Cartoons. Als Liebhaber der knappen, aber trefflich-reichhaltigen Details (diese herrlich blöden Gesichter!!!) seiner „Dulle“-„Alex“-Phase bedauerte ich diese Entwicklung.
Bernd Pfarr hat außerdem zahlreiche humoristische Gemälde gefertigt, die seine Bewunderung für Lyonel Feininger erkennen lassen.
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* Siehe dazu https://blog.montyarnold.com/2016/11/17/die-schoensten-comics-die-ich-kenne-x-der-koenig-moecht-kegeln/ 
** Siehe dazu https://blog.montyarnold.com/2018/04/07/die-schoensten-comics-die-ich-kenne-22-dulle/
*** Siehe dazu https://blog.montyarnold.com/2017/04/09/raffinierte-propaganda-oder-eher-gar-keine-zwei-westdeutsche-jugendmagazine-im-kalten-krieg/

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