Die Seriale 2018 – 4th DigitalSeriesFestival Giessen

betr.: 3. Festivaltag / Auszeichnungen

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Noch nie gab es auf der Seriale so viele Preise wie diesmal, und doch hat es meine persönlichen Favoriten mal wieder nicht erwischt. (Den wiederholten wohlverdienten Erfolg von „2 Aliens“ will ich hier als obligatorisch ausklammern.) Während Sie sich unter www.die-seriale.de mit den Siegern freuen können, gibt es hier eine subjektive kleine Nachlese.

TrophäenEinige der Trophäen warten noch auf ihre Empfänger in aller Welt.

Viele der (ausgezeichneten) Serien haben auch mir zunächst gefallen, dann aber in der Umsetzung ihrer Grundidee zu viele Minuspunkte eingefahren, besonders in puncto Schauspielerführung. Das für seine Regie prämierte Kammerspiel „Anachronisme“ von Riccardo Cannella (IT) ist ein Beispiel, das mich gerade noch überzeugt bzw. neugierig gemacht hat: der Eigenbrötler Walter hat seit sieben Jahren seine Wohnung nicht verlassen und beginnt, sich einer Frau gegenüber zu öffnen, mit der er durch die dünne Wand kommuniziert. Ich fühlte mich ein wenig an „Eine andere Frau“ von Woody Allen erinnert – von dem ich nicht weiß, ob Herr Cannella ihn gesehen hat.

Doch nun zu den guten Verlierern.
Die Macher der Sci-Fi-Serie „Restoration“, Stuart Willis und Matthew Clayfield (AUSTRALIEN), kennen ihre Vorbilder ganz genau: Philip K. Dick und seine Nachahmer und Adepten. Doch der Idee, Erinnerungen zu speichern und sie dem Kunden wieder ins Hirn hochzuladen, mit der zwangsläufig folgenden Verwechslung / Verwirrung zweier Identitäten, werden neue Facetten abgewonnen. Sogar das allgegenwärtige Schema der süßen Kinder liebender Eltern wirkt geradezu unverbraucht.

Die Männer-WG-Klamotte „Up, Up“ von Carlos Vin Lopes (D) lief bereits im ersten Screening, wirkte auf den ersten Blick eher nett und harmlos, entfaltete aber bei der Betrachtung des folgenden, teilweise recht hochmögenden Programms eine immer stärkere Nach- und Sogwirkung. Das ging der Jury nicht anders (siehe unten), dennoch mochte man sich nur zu einer Special Mention hinreißen. „Up, Up“ ist voller Charme und Herzensgüte, obwohl die Helden keine Engel sind.

Jury_Up-UpDie „lobende Erwähnung“ dieser Serie ist es wert, noch einmal in aller Deutlichkeit wiederholt zu werden.

Auch „Con$equences“ von Tony Tambi (USA) hätte ich gern länger als eine Folge zugeschaut. Der Plot klingt sehr nach konventionellem Krimi, aber die Figurenzeichnung scheint hier das eigentlich Wichtige zu sein.

Am meisten hat mich „Bruce“ von Warwick Holt, Mat Blackwell und Tony Rogers (AUSTRALIEN) begeistert, der immerhin einen Ausstattungspreis bekam. Erst dachte ich: schon wieder so eine Möbel-, Klamotten- und Retusche-Fantasy, wie man sie im Web so häufig antrifft – doch weit gefehlt. Dieses 1788 angesiedelte Kostümstück um einen verliebten Trottel, der sich in eine Strafkolonie verbannen lässt, um seiner gleichgültigen Liebsten nahe zu sein, ist wagemutig und witzig. Bis auf ein Requisit, das ganz offensichtlich Teil einer „Readers Digest“-Edition aus dem 20. Jahrhundert ist, ist der historische Schmuddel-Realismus der Serie so konsequent, dass er einem manchen  Lacher in den Hals zurückschiebt.

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