Der „Monica Bleibtreu Preis“ – Die Gewinner

betr.: „Monica Bleibtreu Preis“ / 7. Privattheatertage Hamburg

Gestern abend gingen die 7. „Privattheatertage Hamburg“ mit einer Gala und der Verleihung der „Monica Bleibtreu Preise“ zuende. Hier erfahren Sie nicht nur die Preisträger, sondern auch die Begründungen der drei mal drei Jurymitglieder. Alle Details über die Produktionen finden sich unter https://privattheatertage.de/.

Privattheatertage 2018

Es gibt ja erwiesenermaßen am Theater nichts Schwierigeres, als Menschen zum Lachen zu bringen. Dass dieses Kriterium also für uns an erster Stelle stand, war und ist klar! Wir haben uns am Ende einstimmig für die in unseren Augen herausragendste Inszenierung entschieden!
Herausragend in der Art und Weise, wie sie unsere Lach-und Sehgewohnheiten durcheinandergerüttelt hat, wie sie unser Kopfkino mit politischer Nichtkorrektheit in einem minimalistisch gehaltenen Bühnenbild in einen Sog geraten ließ, der dann in einem grandiosen Theaterabend endete.
Herausragend fanden wir die originelle Verknüpfung von Musik, Schauspiel und Gesang.
Die Leidenschaft, der Spaß und die Freude der Akteure, die emotional greifbar war.
Und: man hatte den Eindruck, dass Regieeinfälle und die Ideen der Schauspieler scheinbar mühelos ineinanderfließen.
Das Bild der Weltsuppe, in die jeder hineinspucken und seinen Senf dazugeben kann, um dann am Ende zu einem undefinierbaren Brei zu verkommen, wird unsere Köpfe so schnell nicht mehr verlassen.
Der Gewinner der „Privattheatertage 2018“ in der Kategorie Komödie heißt: „Hungaricum“.

Alexandra Kamp für die Jury Komödie

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Die Entscheidung, einen Sieger für den „Monica Bleibtreu Preis“ zu küren, wurde uns nicht leicht gemacht, und trotzdem haben wir uns relativ schnell geeinigt. Bei Bewertungen von künstlerischen Darbietungen ist ja immer auch ein Gutteil „Geschmack“ im Spiel. Eigenerfahrung.
Subjektivität steckt in der Natur von Kunst, daher haben wir uns von Anfang an klare Bewertungskriterien zur Grundlage gemacht:
die schauspielerische oder puppenspielerische Leistung,
die Textbearbeitung und Regie, den Inhalt,
Bühnenbild, Ausstattung und Beleuchtung,
künstlerische Mittel, Geräusch- und Musikeinsatz, die Gesamtinszenierung und ob sie konsequent durchgehalten wurde,
das Ensemblespiel.
Und natürlich: spricht uns der Abend direkt an? Geht er zu Herzen? Berührt er uns?
Die Inszenierung, für die wir uns entschieden haben, ist unserer einhelligen Meinung nach die insgesamt stimmigste und konsequenteste:
Ein eindringlicher und schauspielerisch großartiger Hauptdarsteller!
Wir waren begeistert von fließenden und mühelosen Übergängen von einer Rolle in die andere durch die „sogenannten“ Nebendarsteller!
Ein sperriges und schwieriges Stück wurde elegant und mit unfassbarer Leichtigkeit auf die Bühne gebracht. Es gab live auf der Bühne produzierte Soundeffekte, die immer neue Überraschungen bereithielten.
Un opletzt mut seggt warn, dat dor en Schrieversfru en wuraftig wunnerboor Översetten mit veel Geföhl in dat Nedderdüütsche mokt hat. Bovenan hebt se dormit wiesen, dat Plattdüütsch nich bloots en Sprook man ok en aardig Oort vör en Bühnenspill ween kunn.
Der Preis bleibt also diesmal an der Elbe!
Der „Monica Bleibtreu Preis“ in der Kategorie (Moderner) Klassiker geht an das „Ohnsorg Theater“, Hamburg mit „Buten vör de Döör“.

Erik Schäffler und Lutz Deyhle für die Jury (Moderner) Klassiker

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Wir freuen uns den „Monica Bleibtreu Preis“ an eine Produktion zu verleihen, die schon in der Besetzung unsere Gesellschaft so abbildet, wie sie heute ist: Divergent und vielstimmig. Während andere noch über Leitkultur und nationale Identität sprechen und damit einem Gestern nachhängen, das so nie stattgefunden hat, zeigt uns das Theater hier die wahre Gestalt unseres Landes. Und es zeigt uns auch, dass es sich dabei nicht um eine Bedrohung, sondern einen Reichtum handelt.
Nicht nur immer auf die Andersheit zwischen den Menschen zu verweisen (im Positiven wie im Negativen), sondern ein Selbstverständnis in Bezug auf die Vielheit zu schaffen, ist eine wichtige, vielleicht die wichtigste Aufgabe unserer Zeit.
Die Produktion, die wir heute Abend auszeichnen, leistet das bereits in der Besetzung. Man wäre versucht, sie „mutig“ zu nennen. Wir finden, „realistisch“ ist der treffendere Begriff. Denn die Ethnienvielfalt wird nicht zum Kunstgriff oder zur Sensation erhoben. Im Gegenteil: sie hält sich erfrischend im Raum der Selbstverständlichkeit auf.
Es soll aber nicht so klingen, als sei diese Entscheidung politisch. Denn wir vergeben den Preis an eine Produktion, die vor allen Dingen großen Spaß macht – weil sie durch ihre Akteurinnen lebendig, durch ihre Themen aktuell und in ihrer Ausführung voller Feuer ist.
„Ein Drama soll unser Leben abbilden“ so ein gängiges Kalendersprüchlein zum Genre.  Ein gutes Drama aber zeigt uns Möglichkeiten für unser Leben auf.
Das (Zeitgenössische) Drama „7 Minuten“ schafft das – und ist in unseren Augen ein würdiger Preisträger.

Sandra Quadflieg für die Jury (Zeitgenössisches) Drama

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Der Publikumspreis ging an das Zweipersonenstück „Enigma“ aus der Rubrik (Zeitgenössisches) Drama.

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