Wassermusik für Landratten

Die launenhafte See war nicht nur in der Malerei ein dankbares Motiv, auch in der Musik. Schon im Barock, in den Anfängen der Oper, zählten Seestürme zu den Standardstimmungen: das Schiff in den Wellen als Symbol für den Menschen, der von seinen Gefühlen hin- und hergeschleudert wird. Das Theater jener Zeit mobilisierte alle nötigen und bereits möglichen Bühneneffekte: das himmlische Wolkenspiel, bewegte Wellen am Bühnenboden, schaukelnde Schiffsmodelle. Viele Seeleute haben sich im Alter als Bühnentechniker betätigt und über die Qualität solcher Effekte wachen können, denn auch die Kulissen wurden mit Seilzügen bewegt wie die Takelage auf einem Segelschiff.
Auch im Konzert wurde die stürmische See beschrieben.
Die Angehörigen von Seefahrernationen – der Brite Benjamin Britten etwa oder der norwegische Nationalkomponist Edvard Grieg – wussten, worum es ging, wenn sie das Meer hochleben ließen.
Doch kürzlich hörte ich ein Beispiel, bei dem ich nie darauf gekommen wäre, wovon es angeblich handelt: „La tempesta di mare“ von Antonio Vivaldi, „Der Seesturm“. Bei dieser Musik taucht vor meinem inneren Auge lediglich ein etwas tuntiger Monarch auf, der seinen vierschrötigen Kammerdiener schmäht und mit Perücken bewirft, um seiner miesen Laune ein Ventil zu verschaffen. Der Diener kennt das schon, wie sich an seinem Gesicht deutlich ablesen lässt.
Seiner Musik nach zu urteilen, war Herr Vivaldi offensichtlich Nichtschwimmer.

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