Wo nie ein Taktstock zuvor gewesen ist – Der Komponist Bernard Herrmann (17)

Forstsetzung vom 16.10.2018

Zu meiner Erheiterung las ich kürzlich wieder einmal, dass eine deutsche Schauspielerin („bekannt aus Funk und Fernsehen“) von sich behauptete, „diese Rolle“ läge ihr besonders am Herzen, und sie nähme überhaupt nur Angebote an, wenn sie das Drehbuch wirklich überzeuge. Es ist allgemein bekannt, dass auch wirklich prominente deutsche SchauspielerInnen nehmen müssen, was kommt. Wer nicht einen dicken Werbevertrag in der Tasche hat oder wenigstens eine Hauptrolle im Münsteraner „Tatort“, der / die wird ein Jobangebot auch dann zu schätzen wissen, wenn das Drehbuch mal nicht so „überzeugend“ ist.
Bernard Herrmann konnte in seiner Zeit in Hollywood wirklich pampig werden, wenn er der Meinung war, ein Filmstoff sei unter seiner Würde.* Sein weit verbreiteter Branchen-Spitzname lautete „Ambassador of ill-will“. Für die Arbeit seiner Kollegen fand er selten ein Wort des Lobes. (Erstaunlicherweise genoss ausgerechnet Lalo Schifrin sein Wohlwollen, Repräsentant der verhassten „poppigen“ Musikergeneration, die in Hollywood die seine ablöste.)
Einmal, Herrmann unterrichtete an der University of Southern California, verließ er den Saal mit der Beschwerde, seine Studenten hätten keinen Dunst von Filmmusik. Georges Antheil, der offizielle „Bad Boy Of Music“, nannte ihn „seinen alten polternden Freund“.
Sein Freund David Raksin erwähnte häufiger Bennies Angewohnheit, sich die Haare seitlich nach hinten zu raufen, wenn man mit ihm sprach. Raksin: „Er bereitete sich wohl auf den Tag seiner Hinrichtung vor. Wenn ihn Hollywood eines Tages auf den Elektrischen Stuhl setzen sollte, bräuchten sie ihm nicht erst die Koteletten zu rasieren.“
Das schmälerte den Respekt nicht, den er allenthalben genoss, und von den zeitgenössischen Kennern der klassischen Filmmusik wurde er zumeist oberhalb seiner Kollegen eingeordnet.**

Dass Bernard Herrmann sich selbst nicht als Filmkomponisten betrachtete, sondern als einen „ernsthaften“ Musiker, der auch Filmmusik schreibt … – geschenkt. Diese Marotte teilte und teilt er mit fast all seinen Kollegen, selbst mit dem Popstar des Mediums, Ennio Morricone. Herrmann räumte immerhin ein, dass er die Arbeit für den Film (abgesehen vom finanziellen Aspekt) wegen der Möglichkeit schätzte, experimentieren zu können.
Insofern könnten ihm die Filme mit Ray Harryhausen wirklich Freude gemacht haben.
Doch haben sie das? Wir wissen leider nichts darüber. Es muss uns genügen, dass er dem Vernehmen nach nicht abfällig über sie geredet hat. Und natürlich können wir die Musik für sich sprechen lassen.
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* Siehe dazu https://blog.montyarnold.com/2018/06/29/wo-nie-ein-taktstock-zuvor-gewesen-ist-der-komponist-bernard-herrmann-1/
** Siehe dazu https://blog.montyarnold.com/2014/12/24/true-gesamtkunstwerk/

Forts. folgt

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