Wo nie ein Taktstock zuvor gewesen ist – Der Komponist Bernard Herrmann (20)

Forstsetzung vom 10.11.2018

betr.: Herrmanns Jahre nach und mit den Jüngern von Alfred Hitchcock (2)

„The Battle Of Neretva“ war ein jugoslawischer Kriegsfilm, zu dessen Staraufgebot 1969 auch der notorisch unter Geldmangel leidende Orson Welles gehörte. Um das Grauen des Krieges angemessen in der Musik zu reflektieren, bemühte Herrmann ein 120köpfiges Orchester. Wir hören slawisch gefärbte Märsche und eine Entscheidungsschlacht, bei der ein Partisanenmotiv und ein Ostinato stellvertretend für die Kriegsparteien aufeinanderprallen. Die mit viel Blech und Schlagwerk  gefüllte Partitur wird den Schallplattensammlern unter den Fans von Bernard Herrmann bekannt vorkommen. Zwar entstand „The Battle Of Neretva“ außerhalb des Kreises der Hitchcock-Bewunderer, die sich zuletzt um den Komponisten scharten, doch in der Filmmusik findet sich die ungenutzte Musik für die Mordszene aus „Torn Curtain“, für den auch viel Blech und Schlagwerk vorgesehen war. (In John Addisons letztlich genutzter „Torn Curtain“-Musik ist die Mordszene ohne Musik.)

Zwei Filme machte Bernard Herrmann mit Brian de Palma. In „Sisters“ schwingen mordende Zwillingsschwestern das Küchenmesser aus „Psycho“. Zunächst haben wir es nur mit einem Mädchen namens Danielle zu tun, doch Herrmann spielt ein höhnisches Kinderlied-Motiv, um anzudeuten, dass dieses Mädchen ein siamesischer Zwilling gewesen ist, das von seinen Mitschülern gehänselt wurde. Verunsichert von den aufkommenden romantischen Gefühlen steigen die Traumata ihrer Kindheit wieder in ihr auf … Der Plot von „Obsession“ hat viel von „Vertigo“: Ein Makler verliert bei einer Entführung Frau und Tochter. Jahre nach ihrer Ermordung erblickt er in einer Kathedrale in einer jungen Restauratorin das leibhaftige Ebenbild seiner geliebten Frau. Diesem Schauplatz entsprechend wird die Musik von einer Kirchenorgel und einem achtstimmigen Frauenchor dominiert. „Obsession“ kann man das Kompliment machen, dass er praktisch um seine Filmmusik – die letzte sinfonische Partitur des Komponisten – herumgestrickt ist. Ansonsten bleiben vor allem die zahlreichen Nachbildungen großer Hitchcock-Szenen im Gedächtnis. Sie alle wirken albern und aufgesetzt, mitunter peinlich.

Forts. folgt

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