Der launische Konsens

betr.: gestrige SZ-Rezension des Filme „Mein Bester & Ich“

In der gestrigen „Süddeutschen“ lese ich in einem Artikel über das amerikanische Remake eines Films auch deutliche Worte über das Original „Ziemlich beste Freunde“. Mit dieser französischen Komödie, die vor gefühlt zweieinhalb Jahren für ihren Charme und ihre Leichtigkeit im Angesicht schwerer Heimsuchungen (Querschnittlähmung, Vorurteile, Rassismus …) ausnahms- und atemlos gelobt wurde und „fast eine halbe Milliarde US-Dollar“ einspielte, wird auf einmal ins Gericht gegangen, und das nicht zu knapp. Dass die Geschichte „auf üblen rassistischen Klischees fußt“ hätte auch damals (in Wahrheit ist es immerhin und gerade mal acht Jahre her) schon ins Auge springen können. Der von Omar Sy gespielte Pfleger ist fröhlichen Gemütes, hat den Groove und schläft in der Oper auch schon mal ein, ist gleichwohl der perfekte Bedienstete – wofür er unlängst noch gefeiert und mit einer (einstweilen) kurzen Filmkarriere belohnt wurde. Tausend Fragen stürmen auf mich ein, und ich traue mich nicht einmal, mir im Rahmen eines Selbstgespräches eine Antwort zu geben. (Dürfen nur Weiße fröhlich sein, den Groove haben, in der Oper einschlafen und perfekte Bedienstete sein? Darf man nur Filme mit und über Menschen drehen, die der gleichen ethnischen Verfasstheit angehören wie man selbst? Und wenn ja, wie sollen sie sein? Anspruchsvoll / albern / erotisch / puritanisch / staatstragend … oder lieber nicht? Muss jeder Film – sogar eine Komödie – heutzutage Tiefgang vortäuschen, wenn er Aussicht auf Erfolg haben will? …)

Was mich vor allem bei der Lektüre verblüffte, war der beiläufige Ton, in dem mir etwas für mich absolut Neues unter der Tür durchgeschoben wurde – hatte ich doch bisher in dem Glauben gelebt, der einzige zu sein, dem diese Sozioklamotte zu simpel, zu spießig, zu gefallsüchtig und zu unaufrichtig war. (Das sind andere Kritikpunkte, ich weiß …)
Nun ist der genannte Artikel freilich eine Einzelmeinung, aber ich werde das Gefühl nicht los, mal wieder einen monsterwichtigen Meinungsumschwung in unserem Global Village verpasst zu haben.
Die Macher des Remakes haben es offenbar auch.

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