Fernwohl

„Susan, ich weise dich darauf hin, dass ich unsere Freunde zu einem Picknick in die Everglades eingeladen habe!“
„Du meinst, du willst sie zwingen, ein Wochenende in Zelten zu hausen! Warum sollten sie das tun, wo sie doch alle hübsche Wohnungen haben und wissen, wo alles ist?“

„Citizen Kane“

Reisen_Schaufenster

Zu den gesellschaftlichen Ritualen, die mich alle Jahre wieder in Erstaunen versetzen, gehört die Manie, ausgerechnet dann von hier zu verschwinden, wenn die Wetteraussichten am schönsten sind. Das hängt ja angeblich mit den Schulferien zusammen (soweit also die Ausrede der Familienväter und –mütter), aber zum Verreisen reichen auch Ferien, die nur zwei oder drei Wochen dauern.

Was mich selbst betrifft: ich mache da schon deshalb nicht mit, weil ich die Formalitäten des Reisens als unsagbare Zumutung empfinde. (Nicht etwa ausschließlich wegen meiner Klimabilanz, aber ich betrachte die meine durchaus als rühmlichen Nebeneffekt.) Für mich geht Bequemlichkeit eindeutig vor Luxus. Außerdem strebe ich danach, es mir in der Normalität so gemütlich wie möglich zu machen. Ich versuche, keinen geografischen oder beruflichen Leidensdruck aufkommen zu lassen – oder zumindest, ihn im Zaum zu halten. Ich habe mir meinen Beruf wie auch meinen Wohnort sehr sorgfältig ausgesucht und lege Wert auf eine Mindestversorgung mit meinem Tee, meiner Musik, meinem Kiez.

Zugegeben: auch der Demokratieschwund der übrigen Welt verunsichert mich. Exotische Bedürfnisse stille ich nach Möglichkeit mit Literatur, Musik und menschlichen Begegnungen.

Sollte mich irgendwann das Fernweh packen, dann bedeutet das wahrscheinlich, dass ich in dieser Mission ins Schleudern gekommen bin.

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