Die wiedergefundene Textstelle: „Unterwegs mit Odysseus“ (1)

betr.: 41. Jahrestag der Ausstrahlung der ersten Folge „Unterwegs mit Odysseus“ im Kinderprogramm der ARD

Über meine Schwierigkeiten, Näheres über den verstorbenen Poeten und Kinderfunkredakteur Anton Zink in Erfahrung zu bringen, habe ich an dieser Stelle schon geklagt.* Trost spenden mir allein seine Nachdichtungen der griechischen Antike, die mich – zusammen mit den einfachen, aber großartigen Trickfilmumsetzungen von Tony Munzlinger – dazu antrieben, die Odyssee auswendig zu lernen. (Und das bei meinen miesen Leistungen in Erdkunde!)
Außerdem die DVD der Serie, die zum Glück inzwischen aufgelegt wurde.
Dieses Kapitel stammt aus der wenig später entstandenen Herakles-Serie des Teams Zink-Munzlinger. Es erzählt, wie der acht Monate alte Herakles sich und seinen „Zwillingsbruder“ Iphikles vor den zwei riesigen Schlangen rettet, die Hera geschickt hat, um ihn zu beseitigen.

FRÜH KRÜMMT SICH

Indessen Hera, Zeusens Alte
Saß da mit tiefer Sorgenfalte.
Und sann darauf, wie sie aus Rache
Alkmenes Brut den Garaus mache.
Selbst sie sah’s ja noch keinem an,
Wer von den zwein von ihrem Mann.
Brutal, wie sie nun einmal war,
Sandt beiden sie ein Schlangenpaar.
Das näherte sich den Genicken
Der Knaben schon, sie zu ersticken.
Jedoch der eine von den zweien,
Der Iphikles, begann zu schreien.
Der andre aber nimmt die Dinger
Je zwischen Daum‘ und Zeigefinger
Und unterbricht auf diese Tour
Dem Giftgewürm die Luftzufuhr.
Amphitryon, durch das Gewimmer
Des Sohns geweckt, stürzt in das Zimmer.
Er sieht das Paar – und zugleich klar,
Wer sein und wer des Zeus Sohn war.
Und außerdem bekam es nun
Alkmene mit der Angst zu tun –
Wohl wissend: Hera steckt dahinter,
Und da ging’s nicht nur um die Kinder,
Die jene – stets aus Eifersucht –
Als Nachwuchs ihres Manns verflucht!
Auch Frauen, die mit Zeus poussierten,
Warn hinterher meist die Lackierten.
Alkmene wollt‘ vor solch Gefahren
Wohl sich und auch das Kind bewahren.
Und legte drum den wilden Knaben
Des Nachts in einen Straßengraben.
Doch hat Athene das Geschehen –
Trotz Nacht! – hoch vom Olymp gesehen.
Und klug frug sie am nächsten Tag,
Wer mit spazierengehen mag.
Die Göttermutter, stets erpicht,
Zu mindern laufend ihr Gewicht,
Sprach ohne Arg: „Ich gehe mit!“
Jedoch Athene wandt den Schritt
Unmerklich hin zum Findelkinde,
Dass Hera dort das Kindel finde.
Und so geschah’s! Sie nahm voll Lust
Den guten Buben an die Brust –
Doch dieser Sog mit solchem Biss,
Dass Hera schrie, ihn von sich riss.
Athene aber, die Gewitzte,
Sprach, als die Milch zum Himmel spritzte:
„Was dort gerinnt zum Sternenband,
Wird künftig „Milchstraße“ genannt.
Jedoch dem Bub, den du genährt,
Ist jetzt Unsterblichkeit beschert.
Durch deine hehre Göttermilch.“
„Und wer“, frug Hera, „ist der Knilch?“
Drauf listig jene: „Weiß ich es?
Ach, nennen wir ihn Herakles.“

Köstlich, nicht?
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* Siehe https://blog.montyarnold.com/2017/01/04/die-antike-des-kinderfernsehens/

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