Richard Kummerfeldt – An den Rändern der Traumfabrik (29 / Schluss)

Diesen Bericht seiner späten Aktivitäten als freier Filmmusikproduzent verfasste Richard Kummerfeldt im Exil in Südamerika für seinen Nachfolger bei seinem letzten Label. Es gewährt Einblicke in die letzten Jahre der Tonträgerindustrie vor deren Verschlafen der digitalen Revolution, in die Welt der käuflichen Filmmusik, die Seele des Sammlers (heute „Nerd“), die Finessen des sich wandelnden Urheberrechts und erzählt von der Arbeit mit schwierigen Bürohengsten und Künstlerpersönlichkeiten Mitte der 90er Jahre.

Das alles klingt nun ein wenig wehmütig. Sollte es aber nicht. Ich erinnere mich noch gut an unsere erste Begegnung an einem unfreundlichen Herbstabend in Hamburg. Ich muss Dir an dieser Stelle gestehen, dass ich zu diesem Treffen damals wenig Lust hatte. Mich plagten andere Probleme in meinem damaligen Aktionsfeld, und ich spielte kurz mit dem Gedanken, gar nicht in die Innenstadt zu fahren. Heute bin ich froh darüber, den inneren Schweinehund bezwungen zu haben und dich getroffen zu haben. Du bist mein mehr als würdiger Nachfolger geworden, und ich hoffe sehr für Dich, dass Deine engagierte Arbeit besser gewürdigt wird als die meinige. Ich danke Dir und wünsche Dir vollen Erfolg. Verdient hast Du ihn.

Nachwort und Danksagungen

Ich habe dies alles aus dem Gedächtnis niedergeschrieben und mich bemüht, niemanden damit zu beleidigen. Natürlich sind solche Memoiren subjektiv, das liegt in der Natur der Sache. Ich habe sicherlich vieles verkehrt gemacht, das möge man mir bitte nachsehen. Ausdrücklich möchte ich mich hier bei VRC bedanken, denn auch wenn er mir ein Kuckucksei ins Nest gelegt hat, hätte ich ohne ihn doch nie die Chance gehabt, all diese wundervollen Filmmusiken zu veröffentlichen.
Auch bei Thomas Fenn möchte ich mich hier bedanken für all die Hilfe, die er mir angedeihen ließ. Hätte ich in meinem Leben ausschließlich Partner wie ihn gehabt – wer weiß, vielleicht würde ich heute noch in Hamburg als Chef einer kleinen, aber feinen Schallplattenfirma sitzen.
Und natürlich posthum bei Thomas Karban. Ohne ihn wäre Tsunami nicht in dieser Form zu realisieren gewesen, und ich hätte nicht immer wieder neue Kraft gefunden, gegen alle Widerstände anzukämpfen. Gleiches gilt auch für Herrn Rechtsanwalt Dr. Gerd Kukuk.
Und auch bei den vielen anonymen Käufern möchte ich mich bedanken, denn hätte es die nicht gegeben, hätte ich keine Tonträger produzieren können. Und ich hoffe, dass der eine oder andere Käufer von damals seinen Kauf nicht bereut, sondern sich an der Musik erfreut, wenn er jetzt in seine Sammlung schaut und einen Alhambra- oder Tsunami-Silberling in die Hand nimmt.
Zu guter Letzt danke ich den Komponisten, die gewollt oder ungewollt, zu meinen Partnern wurden, denn ohne deren Musik kann es keine Tonträger geben. Dank an sie alle! Mit einer Ausnahme – natürlich.

PS: John, sollte ich mich jemals dazu durchringen, meine kompletten Memoiren zu schreiben, wirst Du dort auch die Antworten auf bisher ungestellte Fragen finden. Es gibt noch genug zu erzählen und ich bin mir nicht so sicher, ob da weitere 40 Seiten ausreichend wären.

Im Frühjahr 2011 erreichte unseren gemeinsamen Freund Hansjörg Wagner nach langer Zeit eine bedenkliche Mail von Richard: „Vor etwas mehr als
drei Wochen hätte er zum zweiten Mal in der Nacht einen Schlaganfall gehabt. Die linke Körperhälfte wäre betroffen. Er rechnet damit, dass er den nächsten nicht überlebt. Er hätte schon Tabletten gesammelt … Es klang wie ein Abschiedsbrief.“

Wie ich höre, kommunizierte Richard bis vor drei Jahren noch über Facebook, dann verliert sich die Spur.

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6 Antworten zu Richard Kummerfeldt – An den Rändern der Traumfabrik (29 / Schluss)

  1. Richard Kummerfeldt sagt:

    Hallo Monty – Grüße aus Ecuador!
    Vorab eine Frage: Wie geht es Dir? Was macht die Kunst?
    Wie diese kurzen Zeilen belegen: ich lebe immer noch. Ich habe keinen Schlaganfall mehr erlitten – ich entledigte mich dieser Gefahr durch einen ‚Tapetenwechsel‘. Keine toxische
    Beziehung mehr=gesünderes Leben.
    Naja, das war’s auch schon für den Augenblick. Kannst Dich ja Mal melden. Wenn’s Spassacht.
    Ansonsten liebe Grüße und alles Gute und Erfolg in Deiner Arbeit!
    Richard

  2. Richard Kummerfeldt sagt:

    Entschuldige die kleinen Tippfehler. Hätt’s nochmal durchlesen sollen. Die Schreiberei auf dem Handy ist schon speziell….rrk

    • montyarnold sagt:

      Lieber Richard – trotzdem vielen Dank für Dein Lebenszeichen! Es kommt zur rechten Zeit, um den traurigen Sammler aufzumuntern (Birgit Kahle hat sich gerade von ihrer Filmmusiksendung im Deutschlandfunk zurückgezogen …). Bei der Gelegenheit: für wen hast Du den Bericht eigentlich verfasst, den wir hier lesen konnten?
      Beste Grüße aus Hamburg!
      Monty

      • Richard Kummerfeldt sagt:

        Hola Monty – Grüße aus G’quil! Dass Birgit eine Filmmusiksendung hatte, ist eine für mich absolut neue Nachricht. In meinem vorherigen Leben habe ich sie durch Hanusa kennengelernt.Wenn ich mich richtig erinnere, war sie eingefleischte Katzenliebhaberin…aber eigentlich gehören solche Details nicht unbedingt in einen Filmmusikblog.
        Okay! Der Text ist gefühlt uralt. John (mein Nachfolger) fragte vor 10?/12?/15 Jahren danach. Für irgendein Filmmusikmagazin, von dem ich bis heute nicht weiss, ob es jemals das Licht der Welt erblickt hatte.
        Irgendwann fragte ich nach und seine Antwort was sinngemäß: da sind zu viele Namen erwähnt und er/sie/es/man habe Angst vor rechtlichen Konsequenzen.
        Ich selbst habe den Text nicht mehr, aber ich weiß, dass auch der von Dir veröffentlichte Text gekürzt ist… John, hier also die Antwort auf Deine aktuelle Frage.
        PS: Wie geht es Dir? Was macht die Kunst? Wenn Du hier nicht unbedingt antworten willst: meinen e-mail haste ja..LG Richard

  3. Richard Kummerfeldt sagt:

    Nachtrag: muss es endlich lernen, geschriebene Texte vor der Versendung nochmals auf Korrekturen zu lesen: Monty natürlich…

  4. Schall und Rauch sagt:

    Hallo Freaks!
    Gestern (Heiligabend) ist es wieder passiert nach ganz langer Zeit.
    Ich sah einen roten 2CV (Ente) in einer Straße von Saarbrücken.
    So eine Ente fuhr Richard Kummerfeldt zu unserem Treffen im Jahr 1981. Wenn ich so eine rote Ente sah, fiel mir R.K. ein.
    Leider oder Gott sei Dank begegnet man solch einer Kutsche nur noch ganz selten.
    Nur noch Freaks mit franz. Rotwein, Käse und Baguette sind damit unterwegs.
    Brauchte einen Tag, um mich an seinen Namen zu erinnern. Google sei Dank.
    Habe eben hier einige Seiten überflogen, werde natürlich alles lesen.

    Richard: Ente (2CV) gut – alles gut. Oder Ende gut – alles gut?

    Frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr 2024!

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