Ayn Rand über Corona

Das einzige Geschäft, das in diesem Winter florierte, war die Unterhaltungsindustrie. Die Menschen kratzten die letzten Cents aus ihren schwindenden Nahrungsmittel- und Heizungsbudgets zusammen und drängten sich hungrig in die Kinos, um für einige Stunden dem Leben eines Tieres zu entkommen, das dazu erniedrigt war, sich um nichts anderes zu sorgen als um die Deckung seiner grundlegendsten Bedürfnisse.

Ich konnte diese Textstelle aus Ayn Rands „Atlas wirft die Welt ab“ heute morgen nicht lesen, ohne an die Zumutung zu denken, die gewisse Berliner Fußballfreunde bei dem Gedanken empfinden, möglicherweise nicht ins Stadion zu dürfen (wie die armen Schweine in anderen Regionen), um sich nicht mit dem „neuartigen Virus“ zu infizieren.
Schon diese kleine Textpassage macht deutlich, dass es hier das spätere Stadium einer Katastrophe geht, doch die darin aufgezeigte Wichtigkeit von Zerstreuung bzw. „Entertainment“ – ich als leidenschaftlicher Fußball-Nicht-Interessierter fasse das mal alles zusammen – ist erwähnenswert. Sie ist wichtig. Die Menschen im Text dürfen nicht ins Kino, und auch davon wird uns ja zur Zeit abgeraten …

Im Gegensatz zu damals – der Roman kam 1957 heraus – verfügen wir heute glücklicherweise über allerlei Methoden der Zerstreuung, die sich auch zu Hause durchführen lassen. Außerdem bestehen die Alternativen von damals fort.
Wie sagte doch ein Betroffener, der in einer TV-Sendung zur drohenden Absage der Leipziger Buchmesse befragt wurde: „Das Beste, was man in einer solchen Lage tun kann, ist doch, zu Hause zu bleiben und ein Buch zu lesen.“

Dieser Beitrag wurde unter Gesellschaft, Literatur, Medienphilosophie abgelegt und mit , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert