Geschichte des Komiker-Handwerks (14)

Fortsetzung vom 1. Mai 2020

Radio Comedy

In den 20er Jahren begann in der westlichen Welt die Geschichte des Radios. In den nächsten Jahren setzte es sich als erschwingliches Unterhaltungsmedium durch; 1935 besaßen etwa 70% aller amerikanischen Haushalte ein Empfangsgerät. Mit dem Aufkommen der großen Radiosender entstand der Comedy (im Gegensatz zu den übrigen Vaudeville-Disziplinen) eine neue Wirkungsstätte. Doch deren Vertreter mussten sich umstellen. Unanständige Scherze waren tabu in einem Medium, vor dem sich – wie 30 Jahre später beim „Lagerfeuer“ Fernsehen – die ganze Familie versammelte. Sozialer Biss wurde wiederum dadurch ausgebremst, dass sich das Radio in seiner Frühzeit als Sprachrohr amerikanischer Primär- und Sekundärtugenden verstand.
Noch schwerer aber wog, dass die Künstler es hier nicht mit einem Publikum zu tun hatten, mit dem sie direkt kommunizieren und auf deren Reaktionen sie hinarbeiten konnten. Sie sprachen buchstäblich „in den Äther“.
Anstatt Kostüm, Make-Up und Requisiten zu Hilfe zu nehmen, mussten sie sich nun auf ihre stimmlichen bzw. sprachlichen Mittel beschränken.

Doch das „gefräßige Monstrum“ eines täglich 18stündigen Sendebetriebs forderte ihnen auch in puncto Produktivität ganz neue Maßstäbe ab.
In jenen Tagen entstand das Berufsbild des Comedy Writers, des zuliefernden Autoren, der ungenannt im Hintergrund wirkte. (Dieses Prinzip begann sich in Deutschland erst Anfang der 90er Jahre durchzusetzen, als das Privatfernsehen das Format der amerikanischen Late Night Show kopierte, dessen Moderatoren ihr Publikum mit einem Comedy-Monolog begrüßten.)

Dieser Text ist ein Auszug aus dem Essay „Humor Omnia Vicit“.

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