Geschichte des Komiker-Handwerks (24)

Fortsetzung vom 3. Juni 2020

Seit Mort Sahl waren auch politische Themen tauglich für die Nachtclub-Performance. Als erster Comedian (und als einer der allerersten Kulturschaffenden überhaupt) wagte er es, sich öffentlich über den gefürchteten „Kommunistenjäger“ Senator Joseph McCarthy lustig zu machen. Das war 1953 im „hungry i“ in San Francisco. Sahl, den ein Biograph später als „The Fury“ bezeichnete, beschrieb ein „McCarthy Jacket“, das einen Reißverschluss für dessen Mund bereithielt – zuvor hatte er Präsident Eisenhower bereits eine spezielle Jacke mit „multidirectional zippers“ verpasst. „Für jeden Amerikaner, den die Russen ins Gefängnis werfen“, führte er aus, „revanchiert sich das Komitee für unamerikanische Umtriebe, indem es ebenfalls einen einbuchtet“.
Sahl wurde mit dieser Nummer (buchstäblich) über Nacht populär und suchte sich in der Folge regelmäßig prominente Opfer.
Wissend, dass im TV-Programm die Sendung „The Mickey Mouse Club“ folgen würde, ließ er den Bürgermeister von Los Angeles in einer Ansprache über Atomtests schwadronieren und über das Bombardement von Schulen und Synagogen nachdenken. Seine gern gestellte Frage zum Anschluss „Let’s see, is there anybody I haven’t offended?“ funktionierte, weil das Necken von Obrigkeiten wirklich noch etwas Neues war.

Es versteht sich von selbst, dass die Comedians der New Wave ethnische Bosheiten und sexuelle Anspielungen in neue Höhen hinauftrieben. Wir erinnern uns: das Wort „fuck“ war Mitte der 50er auf der Bühne noch ein echter Aufreger, egal ob es als Fluch oder wörtlich gemeint war.

Auszug aus dem Essay „Humor Omnia Vincit“
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