Heesters, Rökk und der einstweilige Niedergang der Operette

betr.: 107. Geburtstag von Marika Rökk

Dass hauptsächlich in Berlin (aber auch anderswo) wieder vermehrt Operette gespielt und durchaus als frech und zeitgemäß wahrgenommen wird, war noch vor wenigen Jahren schwer vorstellbar. Immerhin wissen wir schon lange, warum das so lange so schwer vorstellbar gewesen ist: das ZDF ist schuld, hat es doch in den 70er Jahren mit zahlreichen abendfüllenden TV-Inszenierungen eine Operettenkultur gepflegt, die das im Ursprung kecke Genre als muffig, spießig und nicht weiter beunruhigend abheftete.
Die Namen von Schuldigen wurden in diesem Zusammenhang bisher nicht genannt – man konnte sie sich denken. Außerdem lebten sie noch. 2004 ging Marika Rökk hochbetagt von uns, aber erst jetzt – einige Jahre nach dem Tod des 108jährigen Johannes Heesters – werden sie offen ausgesprochen.

Im Juli war eine Woche der „SWR2 Musikstunde“ dem Thema „Kein Ball mehr im Savoy – Die letzten Tage der Operette“ gewidmet. Dort brach Katharina Eickhoff im Zusammenhang mit dem Komponisten Emmerich Kálmán das Schweigen: „Im Zuge des großen Nachkriegs-Operetten-Hypes werden seine alten Erfolge dann wieder wie verrückt gespielt, verfilmt, in Fernseh-Operettenshows abgenudelt. Aber gleich die Neuverfilmung der ‚Czardasfürstin‘ zeigt den großen Irrtum, der dieser ganzen gigantischen, bis in die Siebziger Jahre dauernden Operetten-Nostalgie innewohnt: Ausgerechnet Marika Rökk und Johannes Heesters, beide große Entertainer von Goebbels‘ und Hitlers Gnaden, spielen die Hauptrollen und setzen den verlogen-künstlichen Ton, in dem fortan Operette gemacht wird, als hätte es Fritzi Massary und Kollegen nie gegeben.“
Nun dürfen wir aufatmen, ganz offiziell.

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