Aufreger des Tages: Blackfacing*

Hin und wieder trifft man auf eine Argumentation, in der die eigene Meinung schlüssiger und kenntnisreicher dargestellt wird, als es die eigene Schlagfertigkeit erlaubt hätte.
Zum oben genannten Thema hielt Kai Luehrs-Kaiser bei rbbKultur folgende (wie er es nannte) Predigt. Es geschah am 1. Dezember in der Sendereihe „Meine Musik“, die er immer Dienstags moderiert.

Die Verdammung des Blackfacing ist purer Unsinn

Seit letzter Woche schon sind die Gemüter über einen MeToo-Fall – nein, über einen Black- bzw. Whitefacing-Skandal – beim Berliner Staatsballett erhitzt. Eine Tänzerin, die sogenannte „Erste Schwarze Ballerina“ der Companie des Staatsballetts ist – so sagt sie – von der Trainingsleiterin mehrfach rassistischen Beleidigungen ausgesetzt gewesen. Sie hat den Fall schon 2019 intern vorgetragen, als er sich ereignete. Außerdem beklagt sie sich über das sogenannte Whitefacing, genauer: darüber, dass sie sich habe weiß überschminken müssen, um „Schwanensee“ zu tanzen.
Man sollte vielleicht zwischen Whitefacing und Blackfacing unterscheiden. Die Verdammung des Blackfacing – also des Schwarzschminkens weißer Darsteller, wenn sie zum Beispiel Othello verkörpern – wird neuerdings verdammt, verpönt und von den Theatern vermieden.
Wo immer ich mit Angehörigen der african american community über die Sache sprach, war diesen eigentlich betroffenen Künstlern nicht einmal verständlich zu machen, worin das Problem bestehen möge, wenn sich weiße Darsteller schwarz schminken. Ihnen war nur wichtig, ihrerseits alle Rollen spielen zu können.
Auch ich würde sagen, die Verdammung des Blackfacing ist purer Unsinn. Nicht zufällig hat sich zum Beispiel Frank Castorf vor ein paar Wochen in einer Neuinszenierung der Oper „Die Vögel“ von Walter Braunfels in München ostentativ über dies interne Verbot hinweggesetzt. Es mag jeder dazu denken, was er möchte. Jedenfalls ist es ein internes Gebot und keineswegs verbindlich oder einklagbar.
Das sogenannte Whitefacing würde ich vielleicht sogar davon unterscheiden. Wenn sich schwarze Sänger, Tänzer oder Schauspieler diskriminiert fühlen, da sie ihre Hautfarbe überschminken sollen, so man das, wie ich meine, durchaus respektieren und auf das Whitefacing verzichten. Auch hier indes handelt es sich um interne Lösungen. Der allgemeine Diskurs hat da, hier wie dort, eigentlich kaum reinzureden.

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* Siehe dazu auch https://blog.montyarnold.com/2015/02/08/der-oberflaeche/

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