Die schönsten Filme, die ich kenne (105): „Der Ladenhüter“

Die Qualitätsunterschiede im Werk von Jerry Lewis sind ähnlich gewaltig wie bei Roman Polanski. Doch während man bei Polanski nie auf den Gedanken käme, die Filme zu verwechseln oder über einen Kamm zu scheren, droht das bei Lewis allezeit. Es lohnt also, eine Kostbarkeit aus dem Strudel herauszufischen.

Phoebe Tuttle (Agnes Moorehead, „Citizen Kane“), die selbstherrliche Chefin eines Kaufhaus-Konzerns, will die Heiratspläne ihrer einzigen Tochter Barbara (Jill St. John) sabotieren. In ihren Augen hat sich das Mädchen in einen Trottel (Jerry Lewis) verliebt. Sie stellt Norman, einen unglücklichen Pudel-Ausführer, in einem ihrer Warenhäuser an, in dem auch Barbara als Liftgirl arbeitet. Dann gibt sie ihrem Personalchef Quimby (Ray Walston, der unangenehme Mr. Dobisch aus „Das Apartment“) den Auftrag, ihm unlösbare und schmachvolle Aufgaben zu übertragen. Damit soll er sich vor Barbara nach Strich und Faden blamieren. Doch die jungen Leute meinen es ernst, und halten zueinander, allen angerichteten Verwüstungen zum Trotz.
Norman freundet sich mit Mr. Tuttle (John McGiver) an, der das junge Paar unterstützt und bei dieser Gelegenheit erkennt, wie sehr ihm der Despotismus seiner Frau zuwider ist. Einen Haken hat das junge Glück: Barbara hat Norman verschwiegen, dass sie eine Millionenerbin ist. Norman wäre viel zu stolz, um ein reiches Mädchen zu heiraten …

Sieht man einmal vom einschlägigen Filmschaffen gewisser Stummfilm-Stars ab, zählt „Who’s Minding The Store“ zu den absoluten Glanzleistungen im Reich der Klamotte, jenes ungeheuer schwierigen und weithin unterschätzten Sub-Genres der Filmkomödie. Es ist der beste Film, den der „totale Filmemacher“ Jerry Lewis seinem Lieblingsregisseur Frank Tashlin anvertraut hat. Hier kommt alles zusammen, was in variierender Menge und Proportion auch die sonstigen Filme von Lewis‘ früher Solo-Jahre kennzeichnet: eine Besetzung mit erstklassigen Schauspielern / Komödianten / Komikern (denen diesmal besonders viel Raum gegeben wird), eine Fülle für sich stehender Slapstick-Acts (die ungewöhnlich gut zu einem Ganzen zusammenfinden) und ein schmissiger Jazz-Soundtrack. Tashlin sorgt weiterhin für einen letztlich schlüssigen Plot – was viel wichtiger für die Wirkung der Gags ist als man meinen könnte – und bremst den Furor seines Helden immer im spätestmöglichen Augenblick, bevor er vollends über die Kante rutscht. Dem fügt er einen schwungvollen Deformations-Humor hinzu, den er sich in seinem Vorleben beim Trickfilm erworben hat – inklusive der Idee, dass Jerry Lewis eine Pantomime zu Leroy Andersons Instrumental-Evergreen „The Typewriter“ macht und damit einen weiteren in die Welt setzt. Ein kleiner Wehrmutstropfen ist, dass es hier einfach nichts für Lewis‘ wichtigste Partnerin Kathleen Freeman zu tun gibt. Als älter geschminkte Kundin mischt sie sich unter die Kleindarsteller.

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