Der Song des Tages: „Soliloquy“ from „Carousel“

betr.: 76. Jahrestag der Uraufführung des Musicals „Carousel“

„South Pacific“ war eines der ersten Broadway-Musicals, die mich (unabhängig von einem Filmerlebnis, nur durch den Schallplattengenuss) hellauf begeisterten. Meine Bewunderung für das legendäre Team Rodgers & Hammerstein relativierte sich ein wenig, als ich das Vorleben von Richard Rodgers kennenlernte und begriff, dass er mit seinem vorangehenden Songtexter Lorenz Hart noch weitaus produktiver gewesen war und mir diese Arbeiten überdies mehr entsprachen. Hart war (anders als der bürgerliche Rodgers) ein Großstadtmensch und Partylöwe, und Shows wie „Pal Joey“ oder „On Your Toes“ spielten unter seinesgleichen und hatten die Sektlaune und den satirischen Drive, die auch die parallel entstandenen Arbeiten von Cole Porter auszeichnen. Mit Oscar Hammerstein II hielt ein seriöserer, etwas staatstragender Ton Einzug in Rodgers‘ Werk. Ich will beides gar nicht gegeneinander ausspielen, schätze solche Einordnungen aber auch bei Historikern nicht. Einmal musste ich mir doch tatsächlich anhören, der Wechsel von Hart zu Hammerstein hätte den Sieg von „sincerity over cynicism“ bedeutet (die gleiche Doku hatte an früherer Stelle die Erfolge von Rodgers & Hart durchaus höflich abgefeiert).

Jedenfalls hat sich „Carousel“ – das zweite gemeinsame Bühnenwerk von Rodgers & Hammerstein – zu meiner Lieblingspartitur des Duos gemausert. Es ist nicht nur musikalisch von unerreichtem Reichtum, sondern auch ein wirkliches Gesamtkunstwerk. Freilich haben es auch die Einzelteile in sich. Für die Allgemeinheit ging aus „Carousel“ die größte aller Fußballhymnen hervor, für mich die schauspielerisch beachtlichste männliche Solonummer der Musicalliteratur (abgesehen vielleicht von „Gesticulate“ aus „Kismet“). Das Selbstgespräch des Helden Billy Bigelow (der „Liliom“ der gleichnamigen Bühnenvorlage) am Strand führt ihn durch ein Wechselbad der Gefühle in einer beinahe durchkomponierten achtminütigen Darbietung. Bigelow hat erfahren, dass er Vater werden wird. Er  freut sich darauf, aus seinem Sohn einen ganzen Kerl zu machen wie er selbst einer ist, kommt schließlich auf den Gedanken, es könnte ja auch ein Mädchen werden, ist verwirrt – und gelobt, seine Tochter zu beschützen … vor Typen wie er selbst einer ist. (Soweit die sehr vereinfachte Zusammenfassung.)
Von Frank Sinatra, der diese Rolle ursprünglich in der Verfilmung von 1956 spielen sollte, existiert eine unvollständige Aufnahme der „Soliloquy“. Die schönste mir bekannte Interpretation ist die von Gordon McRae, der den Part schließlich gespielt hat.

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