„Das Leben besteht aus Wiederholungen“, sagte der TV-Regisseur …

betr.: 94. Geburtstag von Zbyněk Brynych

Der tschechoslowakische Regisseur Zbyněk Brynych hat in Deutschland vor allem fürs Fernsehen gearbeitet. Er fehlt also in den Werkschauen und Nachschlagewerken zum Neuen Deutschen Film, fand aber im noch rein öffentlich-rechtlichen System ein Millionenpublikum, das im Kino nur selten zusammenfindet. Rückblickend lässt sich sagen, dass er auch künstlerisch das Beste daraus gemacht – d. h. die kreativen Möglichkeiten des Mediums optimal genutzt – hat.

Im nordwestböhmischen Karlsbad zur Welt gekommen, hat Brynych zunächst als Trompeter in einem Operettenorchester gearbeitet, ehe er zur „Krátký film“ stieß, wo er nach dem Krieg als Produktionsmanager wirkte. 1949 ging er als Regieassistent zur „Barrandov Film“ und war von 1951 bis ’53 bei der Filmeinheit der tschechoslowakischen Armee beschäftigt. Der Prager Frühling unterbrach Brynychs inzwischen florierende Laufbahn als Filmregisseur, verschlug ihn aber für fünf nicht weiter erwähnenswerte Kino- und TV-Projekte in die Bundesrepublik. Daraufhin wurde er zu einem der Stammregisseure der überbordenden ZDF-Krimiproduktion (insgesamt werden es 181 Serienfolgen). Wer die Schwarzweiß-Serie „Der Kommissar“ nicht nur dem Namen nach kennt, weiß, dass das keine üble Visitenkarte ist. „Das Fernsehformat bleibt immer dieselbe Scheiße“, soll Brynych gesagt haben, „in den Ecken ist es rund!“. Dann sprengte er diese Begrenzung mit Reißschwenks, abrupten Übergängen, Zooms und „Schnitten wie bei Cassavetes“, verteilte die Agierenden in der Tiefe des Raumes oder stellte sie irritierend nahe zusammen. Brynych wird auch (schließlich war mal Musiker) dafür verantwortlich gemacht, dass sich im „Kommissar“ so viel klug ausgewählte Popmusik findet, die den Dschungel der heraufziehenden 70er Jahre um den konservativ-bedächtigen Hauptdarsteller Erik Ode höher und höher wuchern lässt (und die inzwischen auf einem Sampler zusammengetragen wurde).

1994 gab Zbyněk Brynych den Machern der Zeitschrift „Gdinetmaó“ ein köstliches Interview. Weil er wusste, dass sich die Hauptdarsteller eines Krimis gegenseitig hassten, schürte er die Spannung am Set, indem er zu Siegfried Lowitz in den Wohnwagen ging und sagte: „Der Sedlmayer ist doch wirklich ein sehr guter Schauspieler, nicht wahr?“ – so bekam er vor der Kamera, was er wollte. Er erklärt, dass man der Bitte der Schauspieler, ihnen Abgedrehtes vorab zu zeigen, nicht nachgeben sollte: „Die mögen nicht, was sie da sehen, und werden unsicher.“ Und obwohl er Fußball doof fand, gelang ihm in „Oh Happy Day“ die denkwürdige Dokumentation eines wichtigen Spiels der Saison 69/70 mit stimmungsvoller Untermalung durch den Gospelsong der Edwin Hawkins Singers. Er selbst sei „ein fleißiger Kinogänger, aber ich vergesse sofort, was mir nicht gefällt.“

Am 24. Oktober 1995 starb Zbyněk Brynych in Prag. Zwei Titel markieren seine Arbeit für die große Leinwand: das eindrucksvolle Drama „Transport aus dem Paradies“ (1963) über das KZ Theresienstadt und – am anderen Ende der Skala – der schräge Thesenfilm „Als Hitler den Krieg überlebte“ (1967).

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