Der aktuelle Inzidenzwert

Es gab eine Zeit, da bedeutete ein großer kommerzieller bzw. Publikumserfolg ein solides Kennzeichen für Qualität. Wer der Herde ins Kino hinterherlief oder sich etwa an der Oscar-Verleihung orientierte, hatte gute Aussichten, sich zu amüsieren oder sich doch zumindest nicht über verplempertes Eintrittsgeld ärgern zu müssen. In den 80er Jahren kehrte sich diese Regel um. Der Publikumsgeschmack verschlechterte sich so tief und schlagartig (vor allen in der Mode und in der Popmusik), dass es fast wie eine Trotzreaktion wirkte und wir die Produkte der damaligen Zeit heute mit nostalgischen Gefühlen begnadigen müssen („War doch irgendwie Kult, wa?“).
Anfang der 90er Jahre erholte sich die Lage wieder, doch die Konzentration einzelner Kräfte der Entertainment-Industrie nahm ihren Lauf. Das Publikum wurde immer häufiger in bestimmte Richtungen gelockt, und verheerende Phänomene wie das Gefressenwerden kleinerer Unterhaltungskonzerne durch größere, ein Generationswechsel bei den Öffentlich-Rechtlichen sowie das Anfang der 80er eingeführte Formatradio sorgten für immer höhere Aufschichtungen von immer weniger der sprichwörtlichen „Haufen“, auf die der Teufel so gerne kackt.
Inzwischen können wir uns felsenfest darauf verlassen, dass großer (kommerzieller) Erfolg ein Warnsignal ist. Was die Masse begeistert, zeugt niemals von Qualität, sondern von einem gut orchestrierten Hype. Sogar die scheinbar demokratische Entscheidung vieler Fans für einen YouTube-Star wird durch den Algorithmus so sehr verzerrt, dass man ohne seine Gunst nichts mehr erreichen kann.
Wer solchen „Empfehlungen“ folgt, wer einen „Erfolg“ ebenfalls kennenlernen möchte, begeht eine quälende Zeitverschwendung. 

Dieser Beitrag wurde unter Fernsehen, Film, Gesellschaft, Medienphilosophie, Popkultur abgelegt und mit , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert