Filmmusik für Zuhause

Schon in der Stummfilmzeit wurden Songs auf Schallplatte (bzw. Schellack) herausgebracht, um die Vermarktung eines Films zu begleiten und beiden Produkten die Möglichkeit zu geben, einander zu bewerben. Doch das waren Aufnahmen, die unabhängig von der Filmproduktion entstanden und von beliebten Unterhaltungsorchestern interpretiert wurden. Richtiggehende Soundtracks auf Tonträger kamen erst in den 50er Jahren allmählich in Mode. Neben Filmmusicals waren es vor allem Western und Komödien, bei denen man auf ein audiophiles Publikum spekulierte. Der damalige Stand der Technik erlaubte Langspielplatten nur eine Spielzeit von maximal 40 Minuten*, und die Musik wurde nicht nur auf diese Länge gebracht, sondern auch umarrangiert; üblich waren insgesamt zwölf Tracks in gut anhörbarer Bearbeitung. Henry Mancini, der in den 60er Jahren Karriere machte und mit seinem Easy-Listening-Idiom die Filmmusik insgesamt prägte, schrieb seine Soundtracks für das reine Hörerlebnis besonders intensiv um. Der Verkaufserfolg sollte ihm recht geben (aber ich als jugendlicher Sammler habe mich über diese Abweichungen regelmäßig geärgert). Wenn sinfonische Filmmusik auf Schallplatte herausgebracht wurde – das Prestigeprojekt „Ben Hur“ (1959) ist ein schönes Beispiel – folgte sie weitgehend dem illustrierenden Undersoring des Films, aber das war zunächst die Ausnahme.

Bei Filmmusik, die sich vollständig in den Dienst ihrer dramaturgischen Funktion stellte und die kein singbares Liebesthema bzw. keinen großen Titelsong beinhaltete, kam eine Schallplattenveröffentlichung auch dann nicht in Frage, wenn der Film ein großes Publikum fand. (Ein solches Beispiel wird uns morgen an dieser Stelle beschäftigen.) Der Damm brach endgültig, als Charles Gerhardt Anfang der 70er Jahre mit seiner „Reader’s Digest“-Reihe „The Classic Film Scores Of …“ einen überraschenden Hit landete.**
________________________
* Mit der Zeit wurden die Mikro-Rillen stärker kondensiert und erlaubten Schallplattenseiten von 30 Minuten Länge. In den 70er und frühen 80er Jahren, der letzten Vinyl-Zeit vor Aufkommen der CD, wurde diese Möglichkeit vor allem für beworbene Sampler genutzt: unter Überschriften wie „Super 20“ wurden zwanzig aktuelle Chart-Hits (die zur Not etwas früher ausgeblendet wurden) auf eine Scheibe gepackt. Auch nostalgische Best-Of-Kompliationen großer Interpreten und thematische Zusammenstellungen hatten dieses Format. Die Rillen waren dann allerdings so fein, dass Lautstärke und Tonqualität nachließen.
** Siehe dazu https://blog.montyarnold.com/2015/02/06/hollywoods-karajan-hollywoods-george-martin/

Dieser Beitrag wurde unter Film, Filmmusik / Soundtrack, Medienkunde, Musik abgelegt und mit , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert