Von Mensch zu Mensch

Als Kind war ich ganz verrückt nach Leserbriefseiten – besonders in Fernsehzeitungen, wo sie längst angeschafft sind. In den Hochzeiten der Glotze als Massenmedium Nr. 1 wurden zu besonders wichtigen TV-Ereignissen mehrere Meinungen „sinngemäß gekürzt“ angedruckt. (Meine Lieblingszuschrift dieser Sorte lautete schlicht: „Eine Zumutung!“ Ich glaube, es ging um Kulenkampff …)
Auch in Jugendzeitschriften habe ich die Leserbriefseiten ganz gerne gelesen, eine Zeitlang sogar die Rubrik „Brieffreundschaften“, obwohl ich daran kein praktisches Interesse hatte. Wer echt witzig sein wollte, der schrieb nicht: „Ich bin 13 Jahre alt“, sondern: „Ich bin Baujahr 1967“. Und ganz häufig – es schrieb wohl einer vom anderen ab – hieß es: „Wer hat Lust, mit mir in Federkrieg zu treten?“ Ich finde diesen Ausdruck so von Herzen beknackt, dass ich heute noch zugebe, ihn völlig missverstanden zu haben. Ich habe mich allen Ernstes gefragt, warum man sich einen Brieffreund zulegen sollte, nur um ihn zu beschimpfen. Und was sollte man überhaupt Hässliches zu jemandem sagen, dem man noch nie begegnet ist? Diese Frage ist aus heutiger Sicht ganz besonders naiv …

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