Was macht eigentlich George Lazenby?

betr.: der neue Bond „No Time To Die“

Dieser Tage müssen wir uns nicht nur von Angela Merkel lösen, sondern auch von Daniel Craig, der parallel zu ihr und fast genusolange der amtierende James Bond war. Beiden wurde ihr jeweiliges Amt zunächst nicht zugetraut (bei Craig wurde sich an der Haarfarbe gestört, bei Merkel an der Frisur), und beider letzte Jahre verliefen schleppend, ruckelnd …
Wenn nun in verschiedenen „Nachrufen“ auf den altgedienten Geheimagenten von den Besonderheiten die Rede ist, die Craig von all seinen Vorgängern unterscheiden, wird gern gesagt, er habe sich in seiner Auffassung der Figur emotional weiter geöffnet als seine Vorgänger – als der virile Sean Connery, der lustige Roger Moore, der weichliche Timothy Dalton und der oberflächliche Pierce Brosnan. Insgesamt ist das richtig, aber gab es da nicht einen australischen Dressman, der die Rolle in den 60er Jahren nur ein einziges Mal gespielt hat? Sein 007 hat sogar geheiratet, und bei einer solchen Frau konnte man das sofort nachvollziehen: die unvergleichliche Diana Rigg, vormals Darstellerin der „Emma Peel“ in „Mit Schirm, Charme und Melone“. Seither ist dieser aus dem Nichts aufgetauchte Schauspieler – wie hieß er doch gleich? – von der Bildfläche verschwunden.

1983 erschien ein buch zum 2-Bonde-Jahr (ein Film kam mit Roger Moore heraus und einer mit einem fröhlichen Sean Connery bei einer Konkurrenzfirma)*. Darin wurde Bond-Darsteller Nr. 2 George Lazenby kurz beleuchtet: „So weit man überhaupt von ihm je wieder hörte, drehte er danach noch zwei Filme: ‚Universal Soldier‘ 1971 und ‚The Man From Hong Kong‘ 1975.“ Der erstere ist völlig untergangen, beim zweiteren hat der Schauspieler ein wenig mit der Presse gesprochen und auch zu James Bond etwas gesagt: „Ich habe die schlechten Kritiken erwartet. Jeder, der auf Connery folgte, würde sie bekommen haben. Mein Irrtum war, dass ich dem Regisseur glaubte, als er mir sagte, er würde mich beschützen.“ (Lazenby spricht von Peter Hunt, der nach dem gemeinsamen Film ebenso untergegangen ist wie sein Hauptdarsteller.) „Wir wissen alle, dass ich kein Schauspieler war, als der Film begann. Bis zum Ende hatte ich keine Ahnung davon, was ich machte. Wenn Peter Hunt sagte, mach es so, dann machte ich es so. Zwar protestierte ich dagegen, dass er mich zu einer Kopie Connerys machen wollte, aber ich hatte nicht die schauspielerische Erfahrung, um der Rolle meine eigene Interpretation zu geben.“ Zur Wahrheit gehört gleichwohl, dass im Feuilleton und in der Fachliteratur immer wieder darauf hingewiesen wurde, Lazenby habe seinen Job gar nicht so schlecht gemacht (er hatte die Rolle schneller im Griff als Roger Moore, der erst bei seinem dritten Auftritt wirklich souverän aufspielte, Timothy Dalton hat es vollkommen vergeblich versucht), und „Im Geheimdienst ihrer Majestät“ sei insgesamt ein herausragender Film der Reihe. Objektiv betrachtet jedenfalls ein deutlich besserer als die nachfolgende Action-Klamotte „Diamantenfieber“ mit dem kokett-lustlosen Connery, der einmalig zurückkehrte und den Hype wieder herstellte. 
Im besagten Buch hieß es weiter zu Lazenby, er habe bei der Produktion die „liebevolle Anerkennung“ vermisst, und die Gage sei ihm zwischen den Fingern zerronnen. „… nachdem er, wie er behauptet, den Bond-Produzenten ins Angesicht geschleudert hätte, dass er nie, nie wieder in einem Bond-Film spielen würde“, schloss er sich „monatelang ein. Er schluckte LSD, verlor unglaublich an Gewicht, hatte Depressionen und meinte, dass die Depressionen durch den LSD-Trip beendet worden wären. Wo er heute ist, wie er lebt, ob er noch Geld hat, verdient … man hört nichts. Er ist untergegangen. Ein armer Hund, der eine gute Chance verpasste, weil er eine unglückliche seelische Disposition in die Wiege bekommen hatte. Sollte jemand auf die Idee kommen, dem bösen Film die Schuld geben zu wollen, so irrt er oder er ist moderner Soziologe.“

Dieses Update blieb für die weltweite Bond-Gemeinde für gut 35 Jahre der Stand der Dinge, bis der geheimnisvolle Mr. Lazenby in einer Dokumentation über Männlichkeitsideale im Wandel der Zeit** kurz wieder auftauchte. In blendender Verfassung und voll cooler Heiterkeit, plaudert er über seine 140 Filmminuten Ruhm. Er schreibt es seiner Anfänger-Chuzpe  zu, dass er den Job überhaupt bekam – „Meine Einstellung war: die anderen haben keine Chance. Heute würde ich berechtigte Zweifel haben. Aber damals nicht.“ – und schließt mit dem Hinweis, er habe auf Film dokumentiert, wie Roger Moore sagt: „Wenn Lazenby nicht hingeschmissen hätte, wäre keiner von uns Bond geworden!“ Lazenby: „Die Bond-Leute gaben das nie zu, weil ich Ihnen nicht in den Arsch gekrochen bin.“
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* „Die James Bond Filme“ vom Filmjournalisten Erich Kocian, Heyne Filmbibliothek
** „Real Men“, ZDF / avanti media 2018

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