Von der Erfindung des Taschenbuchs

Während hierzulande Taschenbücher immer äußerst zurückhaltend aufgemacht waren, sobald sie große Literatur enthielten – man denke an die Reclam-Hefte oder die Ausgaben der „Edition Suhrkamp“, die am hübschesten aussehen, wenn sich ihre Buchrücken im Regal zu farbenfrohen Reihen zusammenfinden – wurden Bücher in den USA als Konsumgüter betrachtet und vertrieben.

Der Verleger Ernst Rowohlt darf als der Erfinder des Taschenbuchs gelten, wie wir es heute kennen. Er produzierte gleich nach dem Zweiten Weltkrieg seine Bücher im zeitungsüblichen Rotationsdruck (rororo = Rowohlt Rotations-Romane), versah sie aber mit ansprechenden Titelseiten. Andere Verleger folgten zügig diesem Erfolgsmodell.

Dass Taschenbücher in den USA schon immer etwas fetziger aussahen als bei uns, hat nicht nur inhaltliche Gründe …

„Anfangs konnte man auf die entsprechenden Gebilde in Amerika mit einem verächtlichen Lächeln herabblicken, denn dort tummelten sich auf dem Umschlag – ganz im Gegensatz zu den nüchternen „Penguin(Book)s“ (aus Großbritannien) – stets provozierend entblätterte Frauenzimmer, wie ernsthaft künstlerisch der Text des Bändchens auch sein mochte. Dann kam es gerade in den Vereinigten Staaten zu einer kraftvollen Gegenbewegung: das seriöse Taschenbuch in besserer Ausstattung und zum doppelten oder dreifachen Preis tauchte auf und bewirkte eine fast revolutionäre Wendung. Bücher, deren Titel jedermann kannte, die aber den Bibliotheken oder dem Privatbesitz weniger begüterter Kenner vorbehalten geblieben waren, erwarben sich mit einem Schlage eine Leserschaft von zehntausenden, oft hunderttausend Studenten. Aber auch junge und alte Menschen in bescheideneren Berufsstellungen gewöhnten sich an den Gedanken, Schwarz auf Weiß nach Hause tragen zu dürfen, was ihnen bisher nur aus zweiter, dritter oder vierter Hand geläufig war.“ (Hellmut Jaesrich 1959 in einem hr-Radioessay).
Auf Reisen und in der internationalen Ecke der Buchhandlung springt uns sofort ins Auge, dass amerikanische Taschenbücher knalligere Cover haben und dass der Beschnitt gelb oder rot leuchtet. In den USA sind Taschenbücher nicht die Stiefkinder des Buchhandels (weil schmuckloser und weniger ertragreich), sie haben sich längst auch anderswo niedergelassen. Das Taschenbuch musste aus den Buchhandlungen abwandern, weil „das Lesepublikum nicht auf ziemlich kleinem Raum zusammenwohnt und in seinem Lesebedürfnis von den vorhandenen Buchläden befriedigt werden kann. In den dünn besiedelten Gebieten des Mittleren Westens und der westlichen Hochplateaus gibt es hunderte von Meilen im Umkreis nicht einen einzigen Laden, der ausschließlich dem Bücherverkauf gewidmet ist. Daher verfiel man auf den Ausweg, Taschenbücher in Drugstores und kleinen Gemischtwarenhandlungen anzubieten. Das Taschenbuch musste plötzlich mit Kämmen und Schwämmen, Lippenstift und Tempo-Taschentüchern konkurrieren und konnte sich nur durch seine prahlerische Aufmachung davor retten, der allgemeinen Nichtachtung zu verfallen. In Deutschland haben die Buchhändler bislang energisch verhindert, dass das Buch, wie es auch immer geartet sei, aus ihrem Sortiment abwandert und sich in einer fremden Umgebung ansiedelt.“ (Hellmut Jaesrich ebd.)
Das ist möglich, weil man in Deutschland in jeder Kleinstadt nicht nur ein Theater sondern auch mehrere Buchhandlungen findet.

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