Anwesend bis zuletzt

zum Tode von Peter Bogdanovich

„Wir starten alle besser als wir landen“, sagte ein kluger Mann und dachte dabei wohl an körperliche Vergänglichkeit. Kopfarbeiter können dieser Regel ausweichen. So haben einige wenige große Regisseure ihre Raffinesse zum Ende hin gehalten oder gar gesteigert, getreu der Devise, dass das Gehirn das einzige menschliche Organ ist, das sich theoretisch bis zuletzt weiterentwickeln kann. Peter Bogdanovich gehört leider nicht in diesen Club – und befindet sich in allerbester Gesellschaft (etwa der von Komödienmeistern wie Billy Wilder oder Charles Chaplin). Sein letzter Film „Broadway Therapy“ wurde 2014 als Comeback gewürdigt, und in der Tat liefert er solide Sitcom-Qualität – aber eben kein bisschen mehr. Selbst die Liebe zum Kino, die der Regisseur auch außerhalb des Filmateliers so heilbringend auslebte, gerät darin zur Kitschpose.

Dennoch und völlig zu recht trauern heute nicht nur Filmfans um ihn, sondern ganz besonders Regisseure jeden Alters.  Peter Bogdanovich hat zwei bleibende Wundertaten vollbracht. Er führte eine Unzahl von ausführlichen Interviews mit großen Filmregisseuren, denen er teilweise überhaupt erst zu einer angemessenen Reputation verhalf. Und er hat ihre Hinweise offensichtlich beherzigt. Seine ersten vier selbst inszenierten Filme decken auf meisterliche Weise unterschiedliche Genres ab: ein brutales Drama mit Anspielungen an den klassischen Horrorfilm, eine zärtliche Milieustudie, ein komödiantisches Road-Movie und eine Verbindung aus Slapstick- und Screwball-Comedy. Nach dieser kurzen Phase, in der Bogdanovich als großes Versprechen des NewHollywood-Kinos erschien, war es, als hätte jemand einen Schalter umgelegt. Seine späteren Arbeiten lassen die typische spielerische Souveränität des Anfangs vermissen, die meisten sind einfach nur mittelmäßig. Aus gegebenem Anlass wird nun wieder über die Gründe dafür nachgedacht, aber eine plausible Erklärung steht noch aus.
Immerhin ist es einleuchtend, dass den Regisseur eine Reihe von Schicksalsschlägen und historischen Fehlentscheidungen (wie die Ablehnung des Auftrags, Regie bei „Der Pate“ zu führen) nicht beflügelt haben dürften.

Peter Bogdanovich, der mit 12 Jahren angefangen hat, über jeden von ihm gesehenen Film ein Protokoll anzulegen, saß im Kino immer neben uns.

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