Der Song des Tages: „You’re All The World To Me“

betr.: 118. Geburtstag von Fred Astaire

Es gab eine Zeit, da wurden noch Programmansagen im Fernsehen vorgetragen, und in ihnen konnte der Satz fallen: “In diesem Film sehen Sie die zweitberühmteste Tanzszene der Filmgeschichte.” – Es war unnötig, darauf hinzuweisen, dass mit der allerberühmtesten „Singin‘ In The Rain“ gemeint war. Inzwischen ist das Tänzchen von Uma Thurman und John Travolta in „Pulp Fiction“ an ihnen beiden vorbeigezogen und seinerseits aus dem Bild gerutscht, gemeinsam mit Vokabeln wie „Fernsehansagerin“, „berühmteste Tanzszene“ und „Filmgeschichte“.
Die eingangs erwähnte Tanznummer hat ihren Unterhaltungswert bewahrt. Ihr bürgerlicher Name lautet „You’re All The World To Me“, ihr Rufname war lange Zeit „der Tanz unter der Zimmerdecke“.
Fred Astaire ist so verliebt, dass er die Schwerkraft nicht – wie sonst – nur weitgehend aufhebt, diesmal geschieht es vollständig. Der Film hieß „Royal Wedding“.

Stanley Donen – damals ein Youngster bei MGM – erinnert sich an die Dreharbeiten mit dem legendären Tänzer, der sich schon einmal zurückgezogen hatte und nun mit über 50 sein farbenfrohes Spätwerk gestaltete: „Mit Fred Astaire zu arbeiten war das Aufregendste in meinem ganzen Leben. Als Kind war ich im Kino von ihm begeistert, und sechzehn Jahre später war ich sein Regisseur. Das war ganz anders als mit Gene Kelly. Mit Gene hatte ich schon viele Jahre zusammengearbeitet, bevor wir Filme drehten. Dagegen war es mit Fred Astaire ein Sprung ins kalte Wasser. Ich verehrte ihn sehr, aber ich kannte ihn kaum. Deswegen war es eine sehr anregende, aber heikle Situation.“

Über die Nummer „Sunday Jumps“, Astaire tanzt hier mit leblosen Geräten in einer Turnhalle, weil ihn seine Tanzpartnerin versetzt hat, berichtet Donen: „Alles war Trial And Error. Da gab es den Hutständer, und er beschloss, damit einen Tanz auszuarbeiten. Dies funktioniert, das weniger, versuch‘ doch mal was anderes … Niemand konnte das wie Fred Astaire. Ich schon gar nicht, ich habe es versucht. Ein Hutständer ist ein schwerfälliger Gegenstand: unbeseelt, ziemlich steif. Aber Astaire ließ ihn so beweglich aussehen, dass ich dachte: Aha, so geht das. Aber sobald ich ihn in der Hand hielt, benahm er sich einfach wieder wie ein Hutständer.
Einmal probten wir für einen anderen Film mit einem Regenschirm. Der war geschlossen, und Fred Astaire benutzte ihn als Spazierstock. Ich sagte: versuchen wir’s mal geöffnet. Er war einverstanden, und ein, zwei Stunden haben wir geprobt. Aber dann meinte er: das wird nichts, wir lassen ihn zu. Dann hat er den Regenschirm genommen und aufgerollt. Ich war platt und fragte nur: Wie hast du das gemacht? – Übung, sagte er. – Weshalb übst du, einen Regenschirm aufzurollen? – Einfach so, sagte er. Es ist ein Gegenstand, und ich lerne, ihn zu benutzen. – Es war faszinierend, wie er mit Requisiten umgehen konnte.
Nijinsky fragte Djagilew: Was soll ich tun? Der sagte: mich erstaunen. Das versuchen wir alle. Wir wollen alle in Erstaunen versetzen wie die Jongleure oder der Seiltänzer, die Leute überraschen wie das Kind seine Mutter.“

Für „You’re All The World To Me“ beherrschte Fred Astaire sein größtes Requisit: einen Raum, der nicht nur drei Wände und einen Boden hatte, wie gewöhnliche Film-Räume, sondern auch noch eine Zimmerdecke.

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