Auf dem Edelschrottplatz der Geschichte

betr.: 19. Todestag von Willi Studer

Die Geschichte der Minidisc dauerte nur knapp zehn Jahre. Wäre diese Technik früher eingeführt worden, hätte sich meine Generation nicht mit Compact-Cassetten herumärgern müssen: bedienungsfeindlichen, Bandsalat-anfälligen und sich irgendwann intern auflösenden Plastikschachteln, die überdies eine räudige Tonqualität hatten. (Ich habe sie gehaßt, aber wir hatten ja nichts anderes …)

Auch die Geschichte des Home-Videos hat ein tragisches Kapitel. Den Multimedia-Tonträger, der der DVD vorangegangen war, hat der größte Teil der Bevölkerung völlig verpaßt: die gläserne Laserdisc (bildschön und zerbrechlich). Sie war mit ihrer Langspielplattengröße von 30 cm etwas unhandlich, aber ihre Bild- und Tonqualität übertraf bei Weitem alles, was damals für den Privathaushalt zugänglich war.
In der TV-Serie „Die Sopranos“ wird die Behauptung aufgestellt, die Laserdisc hätte das bessere Bild, dafür aber einen etwas schlechteren Ton zu bieten als die DVD – diesen Ganoven ist nicht über den Weg zu trauen, es war genau umgekehrt. Die „LD“ war in Japan und den USA für einige Zeit wirklich auf dem besten Wege beim Verbraucher Karriere zu machen, denn das internationale Angebot an Filmklassikern wie auch an Neuerscheinungen war beachtlich. Der deutsche Markt verschlief diese Entwicklung – unsere Scheiben waren zu teuer (um die 85 Mark), und das Angebot war viel zu klein und beliebig ausgesucht. Die Genres, die am ehesten von den technischen Vorzügen hätten profitieren können, wurden fast nicht bedient: Konzertfilme bzw. Musicals und Action- / Science-Fiction-Filme mit ihren Sound-Effekten und ihrer futuristischen Ausrichtung. Im Übrigen hätte eine beherzte Herausgabe solcher Sujets wie „Star Wars“ und „Star Trek“ viele zu Fans dieser Technik gemacht. Stattdessen wurden ärgerliche Alternativen auf dem Markt ausprobiert, wie zum Beispiel die chancenlose CD-i. Diese hatte zwar die handliche Größe einer CD, bot aber eine Qualität die schlechter (!) war als die einer VHS-Videocassette.
Die Laserdisc hatte nur in Karaoke-Bars Konjunktur (vom User unbemerkt) sowie bei den Liebhabern und Sammlern ungeschnittener Erotik-, Splatter- und Actionware in der Originalfassung, die man aber aufgrund ihres NTSC-Formates auf deutschen Geräten nicht abspielen konnte.
George Lucas war Laserdisc-Fan. Kurz nach der Uraufführung der heißerwarteten „Star Wars – Episode 1“ konnte man das Werk nur auf Laserdisc erwerben, früher als irgendwie und irgendwo sonst. Dies war ein nostalgischer Akt, ein letzter Gruß: Zu diesem Zeitpunkt hatte die große Scheibe aber längst keine Chance mehr.

Besonders betrüblich ist das schlechte Timing bei einer Maschine, die vor etwa 30 Jahren angekündigt wurde: den Plattenspieler mit Laser-Nadel. Auch im gerade beginnenden CD-Zeitalter wäre dieses verschleiß- und knisterfreie Gerät der Stephanshausener Firma WBS eine hochwillkommene Anschaffung gewesen, zumal ja die Platte aus Vinyl nicht völlig totzukriegen war, wie wir heute wissen. Der Apparat sollte im Januar 1987 auf den Markt gebracht werden, aber es kam niemals dazu.

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