Ein letztes Lagerfeuer

betr.: 53. Erstaufführungstag des Films „Hatari!“

Wenn unter nostalgischen Gesichtspunkten vom Fernsehen als dem Lagerfeuer der Nation die Rede ist, denke ich weniger an die „große Samstagabendshow“ (die für mich endgültig unterging, als sich Joachim Fuchsberger von „Auf los geht’s los zurückzog“ …)
Die meisten Familienabende vor dem Bildschirm habe ich im Angesicht amerikanischer Spielfilme verbracht, die – kaum 10, 15 Jahre alt – uralt auf mich wirkten, weil ihr glamouröser Technicolor-Look zu diesem Zeitpunkt bereits überholt war. Nicht, dass mich das gestört hätte …
Der Film „Hatari!“ ist ein Paradebeispiel für diese Art von Filmen – aus mehreren Gründen.
Zunächst erfüllt er die Kriterien der grauenhaften Annonce „für die ganze Familie“: er ist komisch, auf ironische Weise romantisch, man sieht die große, weite Welt, und gleichzeitig ist es irgendwie ein Männerfilm. Für damalige Verhältnisse wird richtige Action geboten, wenn der Kinocowboy John Wayne, der Hamburger Weltenbummler Hardy Krüger und die übrigen Mannsbilder in Ostafrika wilde Tiere eigenhändig einfangen.
Regisseur Howard Hawks war der Meinung, die Dialoge der Jagdszenen vorher ins Drehbuch zu schreiben, sei unsinnig. Was John Wayne in solchen Situationen zu sagen hätte, könnte ihm nur selber einfallen – und so war es auch.
Gnädigerweise war uns nicht bewußt, dass man die Idee edlen Großwilds, das für Zoos in aller Welt eingefangen wird, eines Tages würde verurteilen müssen.
„Hatari!“ ist außerdem ein Film mit Überlänge, was den Begriff „abendfüllend“ angemessen umsetzt, und die Filmmusik von Henry Mancini bietet mit dem „Baby Elephant Walk“ einen Ohrwurm, den man am Ende des Abends auswendig ins weitere Leben mitnimmt.

Die Fernsehabende mit Mutter und Geschwistern waren bald vorbei. Wir hatten „Frühstück bei Tiffany“ zusammen gesehen, und als sich Audrey Hepburn und George Peppard zu den Klängen von „Moon River“ im Regen versöhnen, brachen meine kleinen Schwestern in ein unpassendes Hohngelächter aus. Ich beschloß, in Zukunft alleine fernzusehen und mir bei erster Gelegeneit angemessene Mitseher zu suchen.

Ende der 80er Jahre lebte ich für kurze Zeit in einer WG. Ein wenig Besuch war gekommen, und es gab „Hatari!“ im Fernsehen – zwar schon auf dem Privatsender SAT.1 (begraben unter einem Logo, das ein Fünftel des Bildschirms überwucherte), aber noch von nur einem einzigen Werbeblock unterbrochen. Als wir merkten, welche Behaglichkeit von dem alten Schinken ausging, holten wir das nötige Bier und Knabberzeug dazu und haben uns tatsächlich den ganzen Film zusammen angesehen.
Es war ein letztes Mal ein bißchen wie früher.

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