Alle unsere Bönde

betr.: 28. Jahrestag der Deutschlandpremiere von „Der Hauch des Todes“

Wir haben es längst vergessen, aber der unverwüstlichste aller Leinwandhelden, James Bond, hatte einst eine faustdicke Krise. Nach Jahren der außerordentlichen Wandlungsfähigkeit – vom virilen Sean Connery war er zum flockig-komödiantischen Roger Moore mutiert, ohne dass seine Glaubwürdigkeit geschwunden wäre – hätte ihn ein weiterer Relaunch fast umgebracht: die Besetzung mit Timothy Dalton beim 15. Filmabenteuer. (Die Zählung folgt dem gängigen Prinzip nur die Saltzman-Broccoli-Produktionen zu berücksichtigen.) Dalton war eine derartig fahle Milchsemmel, dass sich die Produzenten bei seinem zweiten und letzten Einsatz genötigt fühlten, auch noch das Konzept aufzubrechen, was alles noch schlimmer machte: 007 überwirft sich hierin mit dem Secret Service und verkommt vorübergehend zum Gesetzlosen, sein befreundeter Kollege Felix Leiter wird zum Invaliden und beinahe umgebracht. Nach diesem schauerlichen Zwischenspiel ging die Serie ihre bisher längste Pause. Danach konnte man dem Publikum sogar einen blasierten Suppenkasper wie Pierce Brosnan als 007 verkaufen.

Wie hat sich der Autor Ian Fleming selbst eigentlich seinen James Bond vorgestellt? Er dachte an den Songschreiber Hoagy Carmichael, der in der Tat fabelhaft aussah und ein enormes Charisma hatte. (Wir können das z.B. bei seinen musikalischen Gastauftritten in den Filmklassikern „Haben und Nichthaben“ und „Die besten Jahre unseres Lebens“ überprüfen.)
A propos Ian Fleming: schon 1965 – der internationale Durchbuch der Filmreihe lag gerade ein Jahr zurück – hat der Autor Kingsley Amis ein erhellendes Portrait des literarischen Bond-Charakters* vorgelegt. Wir erfahren u.a. dass dieser Bond älter wird und im Laufe seiner Karriere auch sonst gewisse Abnutzungserscheinungen zeigt. Seinem filmischen Alter Ego wurde dieser Weg alles Irdischen nach 1985 erlassen. Unvergessen der Moment, als der gestählte Daniel Craig sich 2004 wie ein Schaumgeborener aus den Fluten erhebt.

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* Kingsley Amis: „Geheimakte 007 – Die Welt des James Bond“, Ullstein populäre Kultur, 1986

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