Der verhinderte Sonnentempler

betr.: Start der 2. Staffel von „Wayward Pines“ auf ZDFneo

Erinnern Sie sich noch an M. Night Shyamalan? Das war der Autor und Regisseur, der der Filmgeschichte einen ihrer unsterblichen Sätze beschert hat: „Ich sehe tote Menschen!“ Der dazugehörige Film fühlte sich damals ähnlich bahnbrechend an wie wenige Jahre zuvor „Pulp Fiction“. Wir, die wir ihn im Kino sahen, glaubten, Zeugen eines Schlüsselmoments der Filmkunst und eines künftigen Klassikers geworden zu sein. Es war ein Irrtum. Shyamalans Meisterwerk (der Begriff stimmt, denn sein Erstling war immer noch das Beste, was er bis heute zuwege brachte), alterte unglücklich und gehört überdies zu jenen Filmen, bei denen die Kenntnis der Pointe jede weitere Betrachtung verdirbt.
Seither hat M. Night Shyamalan es immer wieder auf die gleiche Tour versucht. Bei jedem seiner Filme kommt schließlich heraus, dass es ein großes Komplott gibt und von vorneherein alles so geplant war bzw. so kommen musste. Mal steckt ein kosmischer Plan dahinter, ein andermal (das mag er noch lieber) eine Sekte, deren Guru abwechselnd entweder ärgerlichen Unsinn erzählt oder Shyamalans Poesie-Album herunterbetet und dabei auf unser Verständnis hofft. Bei guten Autoren nennt man so etwas Zwiespalt oder Ambivalenz, bei diesem ist es einfach Schlamperei. (David Fincher dreht diesen Film auch alle paar Jahre neu, aber bei ihm rutscht auch schon mal ein anderer Stoff dazwischen.)

Nun hat der Großmeister mit dem lustigen zweiten Vornamen wieder zugeschlagen, und diesmal hat es Folgen. Die Mystery-Serie “Wayward Pines“ nennt ihn zwar als Executive Producer, aber die Geschichte ist so unlogisch, der Kirmesbudengrusel so glotzäugig, der geheuchelte Anspruch so weltumspannend – ich wette, Shyamalan hat sämtliche Dialoge in einer einzigen rauschhaften Arbeitssitzung selbst geschrieben und traut sich nicht, das zuzugeben. Warum nicht? Weil es nicht wenige gibt, die seinen Namen mittlerweile als Warnung lesen.
Juliette Lewis – noch so eine große Hoffnung früherer Zeiten – spielt zu Beginn scheinbar eine der Hauptrollen. Das ist ein Trick – ihre Figur kommt schon bald ums Leben, und sie ist aus der Sache raus. Schwein gehabt.
Nach 10 Folgen war die Geschichte auserzählt, aber es folgte noch eine zweite Staffel.

Nur eines spricht für „Wayward Pines“. Man hofft, dass es der verhinderte Ober-Guru Shyamalan nicht genauso macht wie ein gewisser SF-Autor namens L. Ron Hubbard und tatsächlich eine Sekte gründet. Dann doch lieber schlechtes Fernsehen.

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Eine Antwort zu Der verhinderte Sonnentempler

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