Die Marvels wie sie wirklich waren: Der Silver Surfer (1/3)

Diese Serie mit Artikeln zur Geschichte der Marvel Comics aus dem Silver Age ist eine Übernahme aus dem Fanmagazin „Das sagte Nuff“ (2005-10). Ich bedanke mich herzlich für die Genehmigung, sie hier wiederzugeben. Das Cover von John Buscema hat Daniel Gramsch coloriert.

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Der Silver Surfer
von Daniel Wamsler
http://dassagtenuff.blogspot.com/

Eine der wohl erstaunlichsten Schöpfungen aus der Feder von Stan Lee und Jack Kirby ist sicherlich der Silver Surfer. Seinen ersten Auftritt hatte der Herold des Galactus in der sogenannten „Galactus-Trilogie“ der Hefte „Fantastic Four“ # 48 – 50 (März-Mai 1966)*. Allerdings ließ die deutsche Erstveröffentlichung bei bsv einiges zu Wünschen übrig. Dem Leser wurden im Jahr 1966 zuerst die Teile 1 und 3 in Hit Comics Nr. 8 und 10 vorgesetzt. Den Mittelteil der Geschichte reichte man erst ca. sechs Jahre später in Hit Comics Nr. 229, nun in Farbe, nach. Chronologisch weitaus besser war die Wiederveröffentlichung bei Williams (FV Nr. 44 – 46). Nach weiteren Gastauftritten bei den Fantastischen Vier (FF # 55 – 61, FF Annual # 5 und FF # 72 – 77) und Hulk (TTA # 92 – 93) erhielt der Silver Surfer in den USA im August 1968 seine eigene Serie und wurde von Zeichner John Buscema hervorragend in Szene gesetzt. In Deutschland druckte man den „Silberstürmer“ als Zweitgeschichte in Williams „Thor“ ab.

Leider war der Silver Surfer-Serie trotz der eindrucksvollen Zeichnungen und dem interessanten Schicksal des Surfers kein kommerzieller Verkaufserfolg an den amerikanischen Kiosken beschert. Dies lag jedoch weniger am Inhalt, als vielmehr am Heftumfang von 68 Seiten und dem damit verbundenen Preis von 25 ¢. Das lag wohl über der Schmerzgrenze der damaligen Marvel-Leser. Auch die Umstellung auf ein geringeres Format nach den ersten sieben Ausgaben konnte die Serie vor ihrem endgültigen Aus – mit Silver Surfer # 18 im September 1970 – nicht retten. Von Dezember 1979 bis Januar 1981 druckte der US-Marvel-Verlag die ersten vierzehn Silver Surfer-Hefte in der Reihe „Fantasy Masterpieces“ mit den Originaltitelbildern nach, um im Juni 1982 mit „The Silver Surfer Vol. 2“ und Zeichner John Byrne an die alte Serie anzuknüpfen. Ab Juli 1987 erschienen die Abenteuer des Surfers (Vol. 3) wieder regelmäßig, ehe auch diese Serie im Jahr 1995 mit der 100sten Ausgabe eingestellt wurde. Seither ist der Silver Surfer ständiger Star diverser Miniserien, Crossovers und Sonderbänden. Zwischendurch, im Jahr 1978, hatten Stan Lee und Jack Kirby beim Verlag Simon & Schuster eine eigene hundertseitige Version des Silver Surfer geschaffen, die teilweise deutlich von den Ursprüngen bei Marvel abwich und sich mit den bisherigen Geschehnissen im Marvel-Universum nicht vereinen ließ. Auf  deutsch erschien dieser Band exklusiv zur „Comic Action 2002“ bei Panini Comics/Marvel Deutschland.

Geboren in den „unendlichen Weiten“

Norrin Radd, Bewohner eines geistig hochentwickelten Planeten ist unzufrieden. Er denkt, sein Volk habe die Ruhe und Bequemlichkeit nicht verdient, in der es lebt, da dies nur die Früchte der Arbeit der Vorfahren sind. Wissen wird nicht mehr erlernt, sondern per Energiestrahl in die Hirne injiziert. Der Forschungsdrang, die Abenteuerlust scheinen verschwunden. So möchte er nicht weiterleben. Seine Gefährtin, die liebliche Shalla-Bal, spürt seinen Kummer. Doch Norrin Radd hat „Glück“. Galactus der Weltenverschlinger ist unterwegs, um die Energie seines Heimatplaneten zu absorbieren … Zurück bliebe ein toter, lebloser Gesteinsbrocken im All. Mit Hilfe seiner technischen Möglichkeiten kann ein Beobachter die herannahende Gefahr erkennen. Die sogenannte „ultimative Waffe“, vergleichbar mit unserer Atombombe, wird eingesetzt. Doch bringt dies mehr Schaden für das eigene Volk und den Planeten, statt die nahende Gefahr aufzuhalten. Norrin Radd lässt sich innerhalb kürzester Zeit ein Raumschiff bauen, um mit Galactus zu verhandeln. Er bietet ihm an, als sein Herold Welten ohne intelligentes Leben zu finden, deren Energie Galactus in sich aufnehmen kann. So wird Norrin Radd, verwandelt durch Galactus‘ Hand, zum Silver Surfer. Seine Haut überzogen von Silbermetall und im Gepäck das Surfbrett, mit dem er sich auf den galaktischen Bahnen fortbewegen kann. Erschaffen aus leerer Materie durch die Energie des Galactus. Die Kälte des unendlichen Alls und der dort herrschende Sauerstoffmangel können dem Surfer nichts anhaben. Ein letztes Mal kehrt er auf seinen Heimatplaneten zurück, um sich von Shalla-Bal für immer zu verabschieden …

Silver Surfer Williams 1, Seite 1

Der galaktische Silberstürmer

Während die „Hit Comics“ den Surfer zuerst gefühlvoll als „Silberreiter“ und später unter seinem richtigen Namen bei den FV und Hulk präsentierten, wurde er bei Williams für die eigene Zweit-Serie innerhalb der „Thor“-Reihe in „Silberstürmer“ umgetauft. Leider klingt dieser Name mehr nach Fußball als nach Wassersport. Dennoch muss man die Verantwortlichen für die Entscheidung einer deutschen Veröffentlichung loben. Immerhin war der Surfer in den USA gefloppt und kam erst im Zuge der Reprints zu seinem heutigen Status. Auch die Platzierung in den Thor-Heften war positiv, schließlich waren die ersten „Journey Into Mystery“-Episoden des Donnergottes nur 13 Seiten lang, so dass man ohne Probleme die doppelt-langen (SS # 1 – 7 haben je etwa 40 Seiten) Surfer-Abenteuer innerhalb von drei Heften abhandeln konnte. Noch besser wäre er als Zweitstory des Hulk gewesen, doch da wäre der grüne Hauptheld mit nur je 10 Seiten pro Ausgabe etwas zu kurz gekommen. Der Silver Surfer konnte immerhin 11 seiner Abenteuer vollziehen, ehe „Thor“ eingestellt und bis auf weiteres auf die hinteren Seiten der „Spinne“-Hefte verbannt wurde. Kürzungen musste er während der Williams-Formatumstellung auf 32 Seiten Heftumfang genauso über sich ergehen lassen, wie seine Helden-Kollegen. Von # 12 blieb nur die Ankündigung „Hexensabbat“ auf dem Cover von Nr. „Thor“ 33 erhalten. Erst Condor veröffentlichte fünf Jahre später die Folge unter demselben Titel. Schade, dass Williams dieses Highlight der Marvel-Geschichte einstellte. Die Condor-Veröffentlichungen in den Spinne-Taschenbüchern und im Überformat bei „Marvel Comic Stars“ konnten jedenfalls nicht überzeugen. Bei den Fans ist die Serie dennoch beliebt, werden doch für den zweiten „Marvel Klassik“-Band mit Silver Surfer # 1 bis 5 von Panini inzwischen nicht unerhebliche Summen hingeblättert.

Hexensabbat_TDie 1976 von Williams auf dem Cover von Thor Nr. 33 angekündigte Story: „Hexensabbat“ erschien erst 1981 im Marvel-Comic-Sonderheft Nr. 4 des Condor Verlags.

Condor Sonderheft 4_Rächer-Silver Surfer
Forts. folgt___________________
* Siehe dazu auch https://blog.montyarnold.com/2017/02/28/die-schoensten-comics-die-ich-kenne-12-the-fantastic-four-41-51-ii/

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