Die Marvels wie sie wirklich waren: Iron Man (2)

Diese Serie mit Artikeln zur Geschichte der Marvel Comics aus dem Silver Age ist eine Übernahme aus dem Fanmagazin „Das sagte Nuff“ (2005-10). Ich bedanke mich herzlich für die Genehmigung, sie hier wiederzugeben. Das Iron Man-Portrait versteht sich auch als Ergänzung zum Thema „Die ruhmreichen Rächer“ (The Avengers) 

Der Eiserne in Deutschland (Fortsetzung vom 22.5.2019)
von  Daniel Wamsler
http://dassagtenuff.blogspot.com/

Iron Man & Sub-Mariner # 1Das Einzelstück „Iron Man & Sub-Mariner # 1“, das den Übergang von „Tales Of Suspense“ und „Tales To Astonish“ in die Einzelserien „Iron Man“ und „Sub-Mariner“ markiert. Eine persönliche Begegnung der beiden Recken findet in dieser Ausgabe nicht statt.*

So mancher Comicheld hat es nicht einfach. Nicht nur, dass er jeden Monat ein neues Abenteuer und die damit verbundenen Gefahren überstehen muss. Nein, durch die Veröffentlichungspolitik der Verlage beginnt sein Dasein oftmals in einer bereits laufenden Serie, um sich dann in einer anderen (mit etwas Glück in seiner eigenen) fortzusetzen und in einer letztlich wieder anderen zu enden. Um dieses Verwirrspiel noch weiterzuführen, kommen die deutschen Lizenzverlage hinzu und bedienen sich am Fundus der Geschichten wie es ihnen gerade gefällt. Diese werden bzw. wurden dann querbeet in den unterschiedlichsten Publikationen und Publikationsformen als Haupt- oder Zweitstory verwendet. Im Fall Iron Man hatten die deutschen Fans noch einigermaßen Glück, was die Veröffentlichungen anbelangt, da er zumindest beim Williams Verlag in der richtigen Reihenfolge und von seinem ersten Auftritt an in Deutschland erscheinen durfte. Doch Williams war nicht der einzige Lizenznehmer. In der bsv-Reihe Hit Comics erschienen bereits Jahre zuvor insgesamt sechs abgeschlossene Iron Man-Abenteuer. Natürlich handelte es sich auch hierbei um Geschichten mitten aus den laufenden US-Serien.

In den USA erschien die erste Iron Man-Episode im März 1963 innerhalb der Heftreihe „Tales Of Suspense“  (ToS). Auf dem Titelbild von ToS # 39 erkennt man deutlich, dass Iron Mans Rüstung wirklich „eisern“ ist, während er bei der Williams-Fassung bereits in „Der Eiserne“ Nr.1, zumindest auf dem Cover, seine spätere goldene Rüstung trägt. Vermutlich deshalb, weil die Serie „Die Rächer“ („The Avengers“), in der fester Bestandteil innerhalb des Rächer-Teams war, parallel lief und seine Rüstung dort schon lange nicht mehr nur aus Eisen bestand. Ab ToS # 59 teilte sich Iron Man in den USA das Heft mit „Captain America“ und ab # 70 wechselten sich die beiden Helden auf den amerikanischen Titelbildern ab (gerade Nummern: „Captain America“, ungerade Nummern: „Iron Man“). Mit der 100sten Ausgabe änderte sich auch der Titel in „Captain America“, und Iron Man bekam seine eigene Serie von Nr. 1 an. Zuvor brachte man allerdings noch die Fortsetzung aus ToS # 99 in einem sogenannten „One-Shot“ (Einzelheft, April 1968) unter dem Titel „Iron Man & Sub-Mariner“ heraus, deren

Ende in die jeweils neue, eigenständige Serie überleitete. Im September 1996 wurde die Serie in der insgesamt 332 Hefte unter dem Titel „Iron Man“ erschienen waren, eingestellt. Um im November desselben Jahres Iron Man, zusammen mit „Captain America“, „The Fantastic Four“ und „The Avengers“ für das „Heroes Reborn“-Projekt wiederzubeleben. Dies zeigt, dass es eigentlich schwer genug ist, bei den US-Veröffentlichungen den Überblick zu bewahren. Damit es den Lesern aber nicht zu langweilig wird, setzen die deutschen Verlage dem aber meist noch eins drauf.

Der Unmögliche Eisenmann

Eisenmann, wie der Bildschriftenverlag Iron Man bei seiner Einführung in Deutschland nannte, hatte wahrlich keinen rühmlichen Start. Musste er doch als erstes gegen „Ultino“ (Ultimo), „das Bergmannsding“ (mountain man thing = Riesending) in der Episode „Cresando“ („Crescendo!“) antreten. Im wahrsten Sinn „Ein gewahliges Meisterstück großer Bedrohung!“, weshalb Eisenmann wohl auch versuchte, vor dem gigantischen Roboter zu fliehen „wie ein erbärmlicher  erbrochener Schakal“. Der deutsche Text – soweit man ihn als deutsch bezeichnen konnte – stand in keinerlei Verhältnis zur Grafik. Die Episode, welche mit jeweils vier Seiten in den Hit Comics Nr. 8, 10 und 12 als Zusatzstory lief, wurde offenbar von jemandem bearbeitet, der weder der deutschen Sprache mächtig war, noch sich mit den Charakteren und Gegebenheiten im Marvel-Universum auskannte. Dadurch wurde der „Kampf mit den Mandarinen“ (im Original aus Tales Of Suspense # 78) nahezu unlesbar.

Wesentlich besser geriet Eisenmanns zweiter Auftritt in Hit Comics Nr. 29, 33 und 37 (ToS # 79). Die Übersetzungsleistung hielt sich zwar ebenfalls in Grenzen, blieb aber zumindest lesbar. Stilblüten wie z.B. „die Eisen-Mann Gründung“ (Iron Man Foundation) statt Stiftung, hagelte es natürlich genauso. Auffällig zeigte sich bei dieser Episode, dass die Fortsetzungen offensichtlich jeweils separat eingedeutscht wurden, denn Iron Man mutierte vom zunächst korrekt übersetzten „Unbesiegbaren Eisenmann“ (The Invincible Iron Man) zum „Unmöglichen Eisenmann“ und schließlich zum „Erzkämpfer“. Im Gegensatz zu Eisenmanns erstem Abenteuer fielen diesmal mehrere Panels den Einleitungstexten für die Fortsetzungen zum Opfer. Zu allem Überfluss lief der dritte und letzte Teil unter dem Titel „Prinz Namor – Bis zum Tode!“. Diesen hatte man eigentlich für „Tales To Astonish“ # 80 vergeben, dessen Story in Hit Comics Nr. 20 begann und nach Nr. 22 mit Nr. 26 – also knapp ein halbes Jahr vor Hit Comics Nr. 37 – seinen Abschluss fand. Auch die angekündigte „Fortsetzung im nächsten Heft“ sollte für Jahre ausbleiben, da diese erst 1978 in „Die Rächer“ Nr. 89 des Williams Verlags erschien.

ToS #59Beginn der Doublefeatures „Iron Man/Captain America“ mit „Tales Of Suspense“ # 59. Das Titelbild vom November 1964 erschien auch bei Williams, allerdings nur als Mini-Poster in „Die Rächer“ Nr. 74.

Erst mit Hit Comics Nr. 127 erhielt auch „Der Eiserne“, wie er inzwischen genannt wurde, sein eigenes Heft innerhalb der Hit Comics-Reihe. Man bediente sich aus Iron Mans damals aktueller US-Serie und veröffentlichte zwei Episoden aus „Iron Man“ # 10-11. An eine sinnvolle Chronologie war dadurch nicht mehr zu denken, denn in den USA waren inzwischen etwa dreißig weitere Episoden, darunter das Crossover mit dem Sub-Mariner aus „Tales To Astonish“ # 82 und das Einzelheft „Iron Man & Sub-Mariner“, erschienen. Nach zwei weiteren US-Nummern in Hit Comics Nr. 142 (Iron Man # 12-13) folgte im April 1971 das erste farbige Hit Comic des Eisernen. Man zählte die bereits erschienenen Hefte zusammen und setzte eine „2“ davor, so dass dieses die Nr. 203 sein musste. Während „Der Eiserne“ Nr. 203 chronologisch an Hit Comics Nr. 142 anknüpfte, wurden nachfolgend zwei US-Ausgaben ausgelassen, da in Hit Comics Nr. 204 „Iron Man“ # 17 seinen Abdruck fand. Alles in allem eine geringe Ausbeute beim bsv. Ohne seine Auftritte als Mitglied der Rächer wäre nicht viel von Iron Man zu sehen gewesen.
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* In Deutschland ist das Heft gar nicht herausgekommen, und so entging den Lesern nicht zuletzt ein besonders wichtiges und herausragendes Abenteuer des Sub-Mariners. Siehe dazu https://blog.montyarnold.com/2018/03/02/die-schoensten-comics-die-ich-kenne-21-call-him-destiny-or-call-him-death/ und https://blog.montyarnold.com/2016/10/01/aquarius-prinz-namor-der-held-von-atlantis-die-deutsche-chronologie-von-marvels-sub-mariner/

Forts. folgt

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Eine Antwort zu Die Marvels wie sie wirklich waren: Iron Man (2)

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