Die Marvels wie sie wirklich waren: Wolfgang J. Fuchs (3)

Diese Serie mit Artikeln zur Geschichte der Marvel Comics aus dem Silver Age ist eine Übernahme aus dem Fanmagazin „Das sagte Nuff“ (2005-10). Ich bedanke mich herzlich für die Genehmigung, sie hier wiederzugeben. 
Dieses Interview mit einem der verdienstvollsten Comic-Spezialisten stammt aus den Ausgaben 1 und 2. Bei der Einrichtung dieses Blogs erreichte mich die Nachricht vom überraschenden Tod von Wolfgang J. Fuchs im Alter von 74 Jahren am 20. Januar.

Western von gestern- Interview mit Wolfgang J. Fuchs
(Fortsetzung vom 12.2.2020)
von  Daniel Wamsler
http://dassagtenuff.blogspot.com/

Daniel Wamsler: Mit dem Grafik-Büro Ewald Baluch, wo u.a. auch für Bastei gearbeitet wurde war man bei Williams nicht sehr zufrieden. Was kannst Du dazu verraten?

Wolfgang J. Fuchs: Ewald Baluch hatte schon jahrelang für den bsv gearbeitet und beim Umzug des Verlags nach Hamburg im Verlagsgebäude eine eigene Etage angemietet. Die Trennung von ihm erfolgte – nach seinen Angaben – Knall auf Fall während einer Weihnachtsfeier. Obwohl die Qualität eine Rolle gespielt haben könnte, auch wenn Baluchs Studio bei den Williams-Heften bessere Arbeit leistete als zuvor beim bsv, gibt es wohl auch finanzielle Gründe (und einige Storys, die ich aber nicht zum besten geben möchte. Wenn man ins Impressum schaut, wer bzw. welcher Verlag ab dann für Williams die Hefte betreute bis sie im Klaus Recht Verlag erschienen, kann man darüber auch ins Grübeln kommen.)

„Dracula“ und „Die Spinne“ hast Du unter dem Pseudonym „Walter Bassing“ übersetzt, welches öfter innerhalb der Comic-Literatur (z.B. Lettering der Asterix-Persiflagen des Saga-Verlags) auftaucht. Hat der Name eine besondere Bedeutung?

Ich habe als Walter Bassing nur eine ganz kurze zwei- oder dreiseitige Geschichte in einem der Asterix-Persiflagenbände gelettert, also keinesfalls DIE Asterix-Persiflagen, mit denen ich ansonsten nichts zu tun hatte. Bassing ist der Familienname der Cousine, der ich meine beiden Vornamen verdanke, zumal ich im Haus ihrer Eltern zur Welt gekommen bin. Walter ist zum einen der Vorname

eines Cousins, aber auch der Vorname eines gewissen Herrn Disney.

Walter Bassing wurde auch als Übersetzer der Zweitstory-Helden wie „Aquarius“ genannt. Wer war für die Namensvergabe verantwortlich? Auch Kraven alias „Memrod der Jäger“ hatte seinen ersten Auftritt während Ihrer Tätigkeit für Williams. Steht der Name in irgendeinem Zusammenhang mit der Figur „Nimrod“ bzw. „Nemrod“ aus dem alten Testament?

Ja, das mit der Herleitung des Namens ist richtig. Es war ein Versuch, den Namen Kraven einzudeutschen in einer Kombination der Worte Memme und Nimrod (also feiger Jäger). Das war zunächst mit dem Verlag abgesprochen. Später hat man sich aber entschlossen, doch bei den Originalnamen zu bleiben, auch wenn sich die im Deutschen etwas seltsam lesen. „Aquarius“ war vorgegeben. Es gab eine prinzipielle Diskussion, wie man die Hefte eindeutschen wollte, denn eigentlich sind ja Texte wie „Da kommt DIE Spinne. ER ist…“ etwas merkwürdig. Es gab daher die Überlegung, ob man es bei den Marvels machen könnte wie Erika Fuchs bei „Micky Maus“, die ja zum Beispiel die Niagarafälle zum Rheinfall bei Schaffhausen umgedeutet, für Nebenfiguren deutsche Namen eingeführt und geographische Bezüge aus Deutschland und Europa verwendete. Anfangs wurde das von Heft zu Heft unterschiedlich gehandhabt, dann entschied man sich (mit Ausnahme der Heldennamen) weitgehend für die Beibehaltung der Original-

(Schurken)namen.

Gerade „Aquarius“wurde zu Beginn oft das Wasser abgegraben. Gleich die zweite Story fehlte (erschienen in „Thor“ Nr. 206 bei bsv) und einige seiner Abenteuer wurden von zwölf auf acht oder neun Seiten Gesamtlänge gekürzt. Waren die Geschichten auf diese Art überhaupt nachvollziehbar?

Ich weiß nicht. Für mich schon, ich kannte ja die Originale. Außerdem hatte ich ja nie etwas mit solchen redaktionellen Entscheidungen zu tun.

Einige der ersten Titelbilder erschienen nicht Original, z.B. „Die Spinne“ Nr. 1 und 2, sowie „Die Fantastischen Vier“ Nr. 1 und 4. Die beiden letztgenannten waren auf einem Werbeplakat und der Vorschauseite der 1. Produktion noch anders dargestellt. Auch später wurden regelmäßig ganze Cover neugezeichnet. Lag das an fehlenden Vorlagen?

Schlicht und ergreifend: Ja. Bei Marvel waren einige Vorlagen nicht vorrätig, weil man die für die Reprint Serien wie „Marvel Tales“ usw. verwendet hatte. Einige Storys und Titelbilder mussten auch von den Reprint-Vorlagen übernommen werden.

Hattest Du als Übersetzer auch Einfluss auf den Inhalt und das Aussehen, sprich Layout, der Hefte?

Null. Außer bei den Schwarzweißausgaben der „Sheriff Klassiker“, bei einigen „Tarzan“-Heften und bei den beiden großen „Tarzan“-Büchern, für die ich einige Texte überarbeitet oder völlig neu geschrieben habe. Für die Sheriff Klassiker habe ich regelmäßig Entwürfe für die Titelschriften der Geschichten mitgeliefert, die meist (ziemlich grob) nachgezeichnet wurden. In einem „Sheriff Klassiker“ ist eine halbe Seite von mir abgedruckt, obwohl ich nur eine Skizze abgegeben hatte, um anzudeuten, wie dort das Titel-Lettering sein sollte. Für ein „Tarzan“-Heft habe ich eine halbseitige Anzeige als Vorschau aufs nächste Heft gezeichnet.

Interessanterweise erschienen die jeweils ersten beiden Hefte der Serien „Die Spinne“ und „Die Fantastischen Vier“ als Nr. 1 mit den exakt gleichen Farbfilmen 1978 in Dänemark. Zum Teil sieht man noch den deutschen Text „durchschimmern“, so z.B. beim roten Episodentitel von Prinz Namor. Auch die Aufteilung bei den „Fantastiske Fire“ war unlogisch, da sowohl FF # 1 als auch „Daredevil“ # 1 sich wie bei Williams gegenseitig unterbrachen und das im selben dänischen Heft! Als Warner sich europaweit breit machte, erschien eine schwarzweiße „Frankenstein“-Fassung als Williams-Album in den Niederlanden, die dieselben Kürzungen wie seinerzeit bei den deutschen Williams-Ausgaben aufwies. Hast Du Informationen über die Zusammenarbeit zwischen den europäischen Verlegern vor und nach 1974?

Eigentlich sollten alle Serien gleichzeitig erscheinen, wobei der Druckzylinder mit dem Schwarzfilm nach Erreichen der jeweiligen Auflage ausgewechselt wurde. Dabei waren schon mal Fehler möglich. Aber Details kann ich dazu nicht liefern.

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Eine Antwort zu Die Marvels wie sie wirklich waren: Wolfgang J. Fuchs (3)

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