Fortsetzung vom 5. Juli 2020
Wir können also festhalten, das das Sprechen aus dem Off ist eine Art Schauspiel mit erhöhtem Schwierigkeitsgrad darstellt (bzw. eines Teilaspektes des Schauspiels): das Schildern einer Situation, das Erzählen ohne die physische Präsenz.
Die Arbeit des Off-Sprechers hat aber auch Vorzüge.
Wer vor Publikum spricht – als Schauspieler oder Conférencier, Rezitator, Dozent, Redner, Kabarettist – hat zwei Probleme, die der Off-Sprecher am Mikrofon nicht hat.
Zum einen ist die Aufmerksamkeit des Auditoriums immer gewissen Schwankungen unterworfen. Es gibt Tage, da es im Ganzen schwer zugänglich ist, es kann andererseits einzelne Störer geben.* Weiterhin kann der Ort der Veranstaltung seine Tücken haben: eine unpassende Atmosphäre, schlechte Akustik, Störgeräusche von außen.
Wer in einer solchen Situation etwas vorzutragen hat, wird davon behindert oder mindestens insofern beeinflusst, als er diese Hindernisse niederzuhalten versucht.
Zum anderen gibt es live immer die Möglichkeit, nicht verstanden zu werden. Beim Vortragenden kann das Gefühl entstehen – berechtigt oder unberechtigt -, dass ein Teil der Zuhörerschaft nicht versteht, was er sagt oder nicht bei der Sache ist. Man kennt diese Abende, an denen man härter um den Erfolg kämpfen muss …
Am Mikrofon ist man solcher Sorgen ledig. Man kann jederzeit von ergebenen Zuhörern ausgehen, blitzgescheiten und ausgeschlafenen Lauschern. Man kann sich voll und ganz auf den Text konzentrieren. Eine ideale Welt.
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* Siehe dazu https://blog.montyarnold.com/2020/05/24/15998/