Von Spiel und Wut

betr.: „Die Verwandlung“ von Michael Harder

Der beliebteste deutsche Dokumentarfilm über die Schauspielerei und ihr Personal dürfte „Die Spielwütigen“ von Andres Veiel sein, der sich mit den Jahren der Ausbildung beschäftigt. Zugegeben: „Die Verwandlung“ von Michael Harder hat mich um ein Vielfaches mehr gefesselt. Auch hier kommt die Ausbildung durchaus zur Sprache, aber eben noch vieles mehr.

Zwei Dutzend Schauspielerinnen und Schauspieler sowie zwei tragende Synchronsprecher erzählen, bunt und unerwartet montiert, von sich und ihrem Beruf. Bei aller Verschiedenheit der Temperamente und der Un/Zufriedenheit mit sich und dem Erreichten, scheint es sich doch um einen ganz besonderen Beruf zu handeln. So besonders, dass die von einer recht ausgeglichenen Kollegin vorgetragene Bemerkung, es sei verbrecherisch, in der heutigen Zeit einem jungen Menschen zu dieser Laufbahn zu raten, irritiert. Derart geschärften Sinnes lauert man im weiteren Verlauf des Films auf die Mühsal, die in den Statements der Betroffenen aufscheint. Einmal hören wir – deutlich als Nebensatz gekennzeichnet -, es sei doch absurd, jenseits der 50 noch Ideale zu haben. Ein Kollege spricht ganz ambivalent von einer Sucht. Und er wirkt tatsächlich wie auf Entzug, obwohl er vor wenigen Tagen seinen letzten Drehtag hatte.

Ein Glamour und ein hintergründiger Witz werden in der Ferne spürbar, die dem Deutschen Film selbst weitgehend fehlen. Die Ehrlichkeit, die sehr geringe Neigung zu hohlen Sprüchen und Posen, ist zunächst überraschend und dann unglaublich fesselnd. Sie kontrastiert mit der Einseitigkeit der kurzen Filmclips (leider alle ohne Titelangabe), die sich ausnahmslos mit Gewalt / Raserei und Irrsinn beschäftigen. Was sich Harder dabei gedacht hat, ist eines der Geheimnisse, die dieser Film bewahrt.

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